Das Passgesetz wurde 2000 geändert, um die Ausreise von Fußballhooligans zu verhindern. Die Bundesregierung hat gemeinsam mit den Ländern jedoch erkannt, dass man mit diesem Gesetz durchaus auch gegen politische Demonstanten vorgehen kann, wie anlässlich der Proteste gegen den G8-Gipfel in Genua geschehen.
Der hannoveraner Soziologe Marcus Hawel wurde aus unerfindlichen bis fadenscheinigen Gründen aus einem Bus gefischt, der nach Genua unterwegs war. Danach hielt ihn die Polizei 16 Stunden lang fest, kassierte seinen Reisepass und schickte ihn nach Hause. Hawel betreibt die Internetseite Sopos.de, und seine Personlien wurden zwei Mal von der Polizei festgestellt, einmal bei einer Demonstration gegen einen NPD-Aufmarsch, ein andermal bei einer Anti-EXPO-Demo. Juristisch blieb dies immer folgenlos.
Somit genügen also schon einfache Platzverweise und Personalienfeststellungen – die beide schon vor mehr als zwei Jahren durchgeführt wurden, um ein befristetes Ausreiseverbot verhängen zu können. Der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Joachim Jakob, möchte sich zwar nicht zu Einzelfällen äußern, sieht aber die Vorgänge um den G8-Gipfel eher mit Sorge. Die Daten stammen aus einer von der Innenminsterkonferenz beschlossenen Datei zur Speicherung linker Gewalttäter, die gleichzeitig mit der „Hooligan-Datei“ und einer weiteren Datenbank, in denen Daten rechtsextremer Personen gespeichert sind, geschaffen wurde. Jakob dazu: „Der bloße Verdacht, eine Straftat begangen zu haben oder begehen zu wollen, ist eine sehr niedrige Schwelle.“
Hawel hat bereits reagiert, und den Verein Right Now! gegründet. Mit Hilfe dieses Vereins will er einen Musterprozess führen, um die Rechtslage zu klären. Bis dahin stellt der Verein fest: „Deutschland ist kein Ausreiseland.“