Nach den Terroranschlägen in den USA steht der Hauptverdächtige bereits jetzt fest: Osama bin Laden. Der in Afghanistan untergetauchte Multimillionär stritt bisher aber jegliche Verantwortung ab. US-Präsident George W. Bush sprach in diesem Zusammenhang bereits von einem „monumentalen Kampf zwischen Gut und Böse“. Die USA, der Kern des Guten, ist angeschlagen. Ihr Image als letzte Supermacht der Welt hat großen Schaden genommen. Viel schlimmer aber ist der Tot von tausenden Menschen. Wie konnte es soweit kommen? Noch steht die Antwort aus, noch sind die Schuldigen nicht gefunden, doch der Hauptverdächtige steht bereits fest: Osama bin Laden.
Der Multimillionär, dessen Vermögen auf 300-500 Mio US-$ geschätzt wird, befindet sich gegenwärtig in Afghanistan, wo er von den dortigen Taliban unterstützt oder zumindest geduldet wird. Afghanistan war 1998 schon einmal Ziel US-amerikanischer Bombenangriffe, die allein Osama bin Laden galten. Jetzt könnte es erneut Ziel amerikanischer Vergeltungsschläge sein. Wohl vor allem aus diesem Grund, erklärt sich Afghanistan bereit, Osama bin Laden im Falle seiner bewiesenen Schuld auszuliefern. Noch weiß aber keiner, wo er sich versteckt.
Osama bin Laden wurde 1957 in Saudi-Arabien geboren. Er studierte als Sohn eines wohlhabenden Bauunternehmers Managment und Wirtschaftswissenschaften in Dschiddah und vergnügte sich in Beirut, wie viele Jugendliche aus der Oberschicht der arabischen Welt. Mitte der 70iger Jahre brach dort der Bürgerkrieg aus, was ihn wahrscheinlich erstmals politisierte. Als nach der Islamischen Revolution 1979 im Iran der Krieg in Afghanistan ausbrach, kämpfte Osama bin Laden dort mit den Mudjahedin gegen die sowjetischen Besatzer. Dabei bekam er nicht nur Unterstützung aus Saudi-Arabien, sondern auch aus den USA. Dem Geheimdienst CIA verdankt er seine militärische Ausbildung und wurde von selbigen mit Waffen und anderem Kriegsmaterial unterstützt.
Die Abwendung von Saudi-Arabien und der Haß gegen die USA begann, als Saudi-Arabien nach der Invasion in Kuwait dem Verbleib US-amerikanischen Militärs im Land zustimmte. 1992 wurde er wegen dieser Kritik an dem Vorgehen der saudischen Regierung des Landes verwiesen und der Staatsbürgerschaft enthoben. Zwei Jahre hielt er sich im Sudan auf, wurde aber auch dort nach Druck der USA des Landes verwiesen und hält sich seitdem in Afghanistan auf.
Das Eingreifen der USA 1991 in den Golfkrieg bezeichnet nicht nur er als Angriff auf die gesamte islamische Welt. Dazu kommt, daß die USA die aggressive militärische Ausweitung der israelischen Grenzen trotz des anhaltenden massiven Widerstandes der Palästinenser unterstützt. In den vergangenen drei Monaten hat sich die USA zudem immer mehr aus den Verhandlungen und Friedensbemühungen im Nahen Osten zurückgezogen. Das brachte der Regierung Bush vermehrt Kritik auch aus den NATO-Partnerstaaten ein. Vor drei Wochen nun kündigte bin Laden einen niedagwesenen Terroranschlag auf die USA an – das behauptet zumindest ein Journalist. Wenn das war ist, warum wußten dann die ganzen westlichen Geheimdienste nicht davon. Jetzt sind sie sich aber sehr schnell sicher gewesen, daß Osama bin Laden hinter den Anschlägen steckt. Er selbst streitet es wiederholt ab. Das muß er auch, um nicht die afghanische Regierung zu brüskieren, die sicher ist, daß er von ihrem Land aus nicht die Macht habe, solche Aktionen durchzuführen. Fest steht, daß Osama bin Laden über mehrere hundert Anhänger außerhalb der arabischen Welt verfügt.
Wie auch immer die Schuldfrage ausfallen wird. Klar scheint zu sein, daß auf jeden Fall gegen den Terroristen bin Laden vorgegangen werden wird. Und wenn es nach den Stimmen von George W. Bush und vieler seiner Amtskollegen in Europa und der ganzen westlichen Welt geht, militärisch. Bush sitzt in der Klemme. Die Amerikaner und auch die Verbündteten forder Rache. Ein militärischer Gegenschlag könnte aber die Lage im Nahen Osten erheblich destabilisieren, wenn nicht sogar eskalieren lassen. Inzwischen verstärkt Israel seinen Druck auf die Palästinenser. Die Medien rufen zur Vergeltung dieses unmenschlichen Terroraktes auf und in Deutschland werden schon arabische und selbst türkische Mitbürger beschimpft und bedroht. Wenn die Aufstachelung so weiter geht, dann stehen wir womöglich wirklich vor einem Kampf zwischen Gut und …, zwischen wem eigentlich? Es ist keineswegs zivilisiert und einer freien Gesellschaft eigen, wegen wenigen Fundamentalisten den Islam als Religion und die gesamte islamische Welt zu verurteilen und zum Vernichtungsschlag gegen diese Kultur auszuholen. Das wäre ein Rückschritt in die Barberei. Wenn da der Bundeskanzler Gerhard Schröder von einem „Angriff auf die zivilisierte Welt“ spricht, dann sollte man getrost einmal nachfragen, wen er denn da genau meine.