Vor genau einer Woche war in Deutschland die Rasterfahndung zur Erfassung möglichen Terroristen angelaufen. Die Behördern versprachen sich detaillierte Hinweise auf sogenannte Schläfer und eventuelle Vorbereitungen für weitere Attentate. Jetzt ist es Zeit für eine erste Zwischenbilanz, vor allem der Nebenerfolge.
Bundesinnenminister Otto Schily schätzt die Erfolgschancen der Rasterfahndung als sehr hoch ein. Die Datenschutzexperten bezweifeln dies indes, und das nicht ohne Grund. Mit welchen Suchkriterien sollen denn legal und unauffällig in Deutschland lebende Personen als Schläfer ausgemacht werden können. Woran erkenne ich einen potentiellen Terroristen – potentiell, also vor seiner Tat. Aus Sicherheitsgründen nehmen die Behörden dazu keine Stellung. Sicher ist, daß alle allein in Deutschland lebenden Männer mittleren Alters und arabischer Herkunft in die „engere Wahl“ der Ermittler kommen. Das Hauptaugenmerk liegt bei Studenenten aus 12 islamischen Ländern (plus Afghanistan, Pakistan und Iran). Sind diese kriminell unauffällig, finanziell unabhängig gewesen, sprechen mehrere Sprachen, reisen viel und verfügen über eine Flugausbildung, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer vorläufigen Festnahme dramatisch.
Bereits am 24. September hatten die Hamburger Kollegen die Daten von mehr als 10.000 Studierenden erfaßt. An der Berliner Technischen Universität wurden über 400 verdächtige Personen überprüft. In München waren bis jetzt 844 Studierende der beiden großen Universitäten betroffen. Angaben des TU-Sprechers Dieter Heinrichsen zufolge spiele in München die Religionszugehörigkeit bei der Erfassung keine Rolle. In Bayern wird bereits zum vierten Mal die Rasterfahndung eingesetzt. Die Münchner Studierendenvertretung, wie auch die fast aller anderen deutschen Universitäten und Hochschulen üben vermehrt Kritik an dieser Art der Datenerfassung und Kontrolle. Es sei nicht abzusehen, welche Ausmaße die durch die Rasterfahndung ausgelöste Diskriminierung noch annähme. Bereits jetzt hätten arabisch aussehende Studenten Probleme bei der Jobvergabe. Es hätten sich auch schon Familien beschwert, deren Wohnungen und Häuser durchsucht und sie selbst mitten in der Nacht zu Vernehmungen geholt worden waren. Währenddessen währt sich der Bundesinnenminister gegen diverse datenschutzrechtliche Vorbehalte. Wo Datenschutzvorschriften den Sicherheitsinteressen zuwiderlaufen, müsse man dies eben ändern, so Schily. Außerdem kündigte er die baldige Einführung des Fingerabdruckes bei Visaanträgen an.