Die Terroranschläge in New York und Washington haben die Debatte um Verschlüsselungssoftware neu entfacht. Viele Unternehmen aus dem Kryptographie-Sektor befürchten wegen den staatlichen Sicherheitsplänen massive Umsatzeinbußen. Der politische Druck auf die Branche wächst.
Der Senator Judd Gregg, Wortführer der Kryptographiegegner in den Vereinigten Staaten, hat zwar seine Forderungen in zwischen etwas heruntergeschraubt, dennoch nimmt der politische Druck auf die Verschlüsselungs-Branche immer mehr zu. Dies war auch auf der Computermesse Systems letzte Woche in München zu spüren. „Von einem Verbot wäre die ganze Halle betroffen“, so Stefan Grosse, Referent für IT-Sicherheit bei Bitkom, dem Verband der Informations- und Kommunikationsindustrie. So warnte das Fraunhofer-Institut für graphische Datenverarbeitung in Darmstadt vor der Messe: „Daten-Verschlüsselung ist unverzichtbar!“ Das Bundesinnenministerium in der Person des Bundesinnenministers Otto Schily sieht jedoch eine Gefahr für die demokratische Gesellschaft in der Verschlüsselung. Gerade wurde eben die Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) verabschiedet. In nächster Zeit will man sich auch der Verschlüsselungssoftware annehmen, die bisher keinerlei Einschränkungen unterworfen ist. In den USA ist die Stimmung nach dem 11. September ebenfalls umgeschlagen. Daß sich das US-Unternehmen Network Associates gerade jetzt von Pretty Good Privacy trennt, wofür man dort offiziell wirtschaftliche Gründe anführt, ist wohl auch auf die angespannte politische Lage zurückzuführen.
Vor allem die Geheimdienste arbeiten intensiv gegen die kryptographischen Methoden. So besuchten Geheimdienstmitarbeiter die in der Kryptographie-Branche tätige Firma Utimaco, die die Herausgabe der Generalschlüssel bzw. den Einbau von Hintertüren in die Programme forderte. Auch Steganos erhielt auf der Cebit in Hannover Besuch von einem CIA-Mitarbeiter, der um den Schlüssel für die Software bat. Die Branche ist sich einig, daß ein Verbot der Daten-Verschlüsselung keine effektive Verbrechensbekämpfung darstellt, da sich Kriminelle wahrscheinlich wenig um ein Kryptographie-Verbot kümmern würden, der Durchschnittsbürger und vor allem die Unternehmen ihre Daten jedem ungeschützt preisgeben würden. In den Firmen fürchtet man vor allem der dadurch enorm erleichterten Wirtschaftsspionage ausgeliefert zu sein.