Daß Angst durch die Medien geschürt wird, indem sie Schreckensmeldungen verbreiten, ist bekannt. Auch fiktive Gewalt fördert Angst, da manche Menschen nach Horrorfilmen Albträume haben. Doch wer profitiert von der Angst? Verstand einschalten mag bei der Analyse nützlich sein.
Die letzten Wochen machen eines deutlich: Angst vor Terror führt dazu, daß Gesetze durchgeboxt werden können, die in Friedenszeiten keine Chance hätten, von den Grünen in der Regierung mitgetragen zu werden, ohne eine rituelle Zerreißprobe in der Partei heraufzubeschwören. Umfragen belegen, daß drei Viertel der Bundesrepublikaner Angst vor Terroranschlägen auch in D-Land haben. Warum? „Das fear mongering individualisiert Gesellschaft, Staat und Nation zu beseelten, traumatisierten Gemeinschaftskörpern“ schreibt Tom Holert in der Jungle World von letzter Woche. Daraus muß man eines folgern: Die Gemeinschaft reagiert nicht rational auf ihre Bedrohung, sondern mit einem angsterfüllten Rundumschlag gegen alles, was sich bewegt oder Fingerabdrücke hergibt. Angst und Trauer werden nicht mehr von Individuen, sondern von allen gemeinsam empfunden – und eben auch Wut. Damit wird aber auch die Zivilbevölkerung in den Krieg hineingezogen, nicht nur in Afghanistan, auch im Westen ist somit die gesamte Gesellschaft am Krieg beteiligt und wird gleichgeschaltet. Alle Medien sprechen entweder vom Krieg gegen den Terror oder vom Gegenschlag der USA.
Aber die Bevölkerung trägt diesen Krieg nicht nur mit, sie ist seinerseits der Gegner im Krieg mit der politischen und wirtschaftlichen Elite, der allgemein unter dem Schlagwort Globalisierung zusammengefasst wird. Auch hier ist Propaganda ein wichtiges Mittel, indem den Leuten vorgegaukelt wird, daß dies ein Kampf für die Freiheit des Individuums ist, aber genau das Gegenteil ist der Fall, und das auf zwei Ebenen. Zunächst wird die einheimische Zivilgesellschaft durch den Markt gedrillt, angetrieben von der Angst, den Job und damit die Lebensgrundlage zu verlieren. Als Freiheit wird hier also der Zwang verkauft, ein flexibles Marktelement zu werden. Nach außen wird alles hermetisch abgeschottet. Das alles wird jetzt verdrängt durch die Angst vor dem Bösen. Um dies jedoch instrumentalisieren zu können, muß es ein Gesicht haben, auf das man eindreschen kann. Das Böse, das waren früher Saddam Hussein, Milosevic, jetzt ist es Ussama bin Laden und sein Netzwerk Al Qaida, das weltweit seine Schläfer postiert hat. Um einzelne unauffällige Personen aus der Masse der unauffälligen Personen herauszufischen, werden nun also die Gesetze verschärft und der Datenschutz ausgehebelt. Der Kapitalismus zeigt also sein Gesicht als Kontrollgesellschaft immer mehr. Diese Kontrolle wird jedoch ohne weiteres akzeptiert – dem Terror und der folgenden Angst sei Dank.