Totale Kontrolle in Beijing: Der Platz des Himmlischen Friedens

Der Platz des Himmlischen Friedens in Beijing (Tiananmen-Square) wird seit den 80iger Jahren mit Überwachungskameras vollständig observiert. Die Proteste chinesischer Studenten auf dem Tiananmen-Platz im Jahre 1989 wurden von den Kameras aufgezeichnet. Die Verantwortlichen der Proteste konnten noch Jahre später aufgrund der Aufzeichnungen verhaftet und gefoltert werden.

Der Tiananmen-Platz wurde während der Qing-Dynastie 1651 in wesentlich kleinerem Umfang angelegt. 1958 wurde er auf seine heutige Größe von 40 Hektar erweitert und ist somit der größte Platz der Welt.

Der Tiananmen-Platz war im 20. Jahrhundert Schauplatz einer ganzen Reihe wichtiger Ereignisse:

  • 04.05.1919 – Demonstration patriotischer Studenten gegen die Bestimmungen, die China im Versailler Vertrag auferlegt wurden
  • 01.10.1949 – Ausrufung der Volksrepublik China durch Mao Zedong
  • 1966 – 1976 – Aufmärsche der Roten Garden während der Kulturrevolution
  • April 1976 – Massenproteste gegen die Viererbande, die beim Gedenken an den Todestag Zhou Enlais blutig eskalierten
  • 04.06.1989 – Massaker an Tausenden friedlich demonstrierenden Studenten

Die Demonstration im Juni 1989 und das sich anschließende grausame Massaker wurde mit moderner Überwachungstechnologie aufgezeichnet und ausgewertet. Die Kameras am Tiananmen Platz waren von Siemens Plessey an China als neue Verkehrskontrollsysteme verkauft worden. Das Scoot Überwachungssystem mit in den USA hergestellten Pelco Kameras wurde benutzt, um die Proteste genau aufzuzeichnen. Die Bilder wurden vom chinesischen Fernsehen mit dem Angebot einer Belohnung für Informationen immer wieder ausgestrahlt. Eine Hexenjagd auf die Studenten und Verantwortlichen begann. Als Resultat konnten fast alle Täter identifiziert werden. Die meisten wurden verhaftet und Opfer brutaler Folter.

Die Regierung in China gibt eine Menge Geld für Überwachungstechnologien aus. Hunderte Firmen in den Industrieländern liefern Verkehrskontrollsysteme in Länder wie China, Indonesien, Südafrika oder Brasilien. Siemens Plessey und Pelco, die Firmen, welche die Technik für den Platz des Himmlischen Friedens lieferten, betonen, daß sie niemals damit gerechnet hätten, daß die Regierung in Beijing die Verkehrskontrollsysteme derart mißbrauchen würden.

Kamera in Peking
Eine der Überwachungskamera auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Beijing. Rund um die Uhr wird hier gefilmt und aufgezeichnet. Neben Big Brother sieht man sich auf dem Tiananmen-Platz zusätzlich von Polizei und zum großen Teil schwerbewaffneten Militär beobachtet.

Im Hintergrund ist Die Große Halle des Volkes zu sehen, in dem das Parlament seinen Sitz hat.

Dennoch, die Tragödie vom Tiananmen-Platz in Beijing ist nur einer von hunderten Fällen, in denen westliche Überwachungs- und Kontrollsysteme zur Unterdrückung und Tyrannisierung der Bevölkerung benutzt wird. Und meist sind die Herstellerfirmen stille Mitwisser, wie das Beispiel Lhasa in Tibet zeigt. Hier wurde ein umfassendes Überwachungsnetzwerk installiert, wiederum mit dem Vorwand der Verkehrskontrolle, obwohl es in Lhasa keinerlei Probleme bei der Verkehrslenkung gibt. Auch der Platz des Himmlischen Friedens in Beijing ist eine Fußgängerzone. Nichts desto trotz bestreiten die Firmen, hauptsächlich aus Großbritannien, Deutschland und den USA, daß sie in irgendeiner Weise von dem zu erwartenden Mißbrauch wissen oder wissen konnten.

Im November 200 nahmen ca. 300 Unternehmen aus über 16 Ländern an der in Beijing von China organisierten Verkaufsmesse Security China 2000 teil. Ein zentrales Thema war unter anderem das Projekt Goldenes Schild, ins Leben gerufen, um folgendes zur forcieren:

[…] the adoption of advanced information and communication
technology to strengthen central police control, responsiveness, and crime
combating capacity, so as to improve the efficiency and effectiveness of police
work […] to build a nationwide digital surveillance network, linking national, regional and local
security agencies with a panoptic web of surveillance. Beijing envisions the
Golden Shield as a database-driven remote surveillance system – offering
immediate access to records on every citizen in China, while linking to vast
networks of cameras designed to increase police efficiency […]

Es ist einfach unglaubwürdig, wenn Unternehmen, wie Siemens Plessey dennoch behaupten, daß sie von Plänen, wie diesem, nichts gewußt hätten. Chinas totalitär kapitalisitische Regierung strebt die umfassende Kontrolle des öffentlichen Lebens an. Dazu zählen neben der Überwachung der Telekommunikationswege auch die weiträumige Überwachung öffentlichen Raumes.

Die Konzerne in den USA, Japan und Europa zusammen mit ihren jeweiligen Regierungen versuchen seit langem, den chinesischen Markt zu knacken. Und China kommt ausländischen Investoren immer mehr mit beispielsweise Steuerermäßigungen oder dem vollständigen Erlaß selbiger, bzw. niedriger Umweltauflagen entgegen. Ein Sprichwort sagt: „Die Ministerien sind zuständige für die Ausgaben, die Minister für die Einnahmen.“

Angesichts dieses offensichtlich desolaten Zustandes der Regierung, die über ein alles andere als demokratisches Land herrscht, ist es nicht nur verwunderlich, sonder kriminell, wie ausländische Firmen, mit dem Export von Überwachungstechnologien in solche Länder Profit machen wollen und auch wirklich machen, in denen die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Die Sanktionen seitens der USA und Europa nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens kann man getrost in die Schublade Populismus einordnen. Längst ist China und vor allem der Staat selbst zu einem zahlungskräftigen Partner geworden. Menschenrechte interessieren da offensichtlich wenig.

 Autor: Peter Ulber
 Veröffentlichung: 30. Juni 2002
 Kategorie: Bericht
 Tags:

Schreibe einen Kommentar