Big Brother Awards 2002 – Die Gewinner

Auch in diesem Herbst wurde erneut der sogenannte „Big Brother Award“ als Negativ-Auszeichnung für die Missachtung der Privatsphäre und die Weitergabe persönlicher Daten an Dritte verliehen. Die Preisverleihung, die seit 2000 jährlich in der Bundesrepublik vom 1987 gegründeten Bielefelder Verein FoeBuD organisiert wird, hat ein Pendant in elf anderen Staaten. In einigen Staaten wie z. B. in Spanien gibt es Positiv-Preise, die ein besonderes Engagement für Datenschutz und gegen dessen Aushebelung honorieren sollen.
In der Bundesrepublik war der diesjährige „Hauptsieger“, der Gewinner des „Life-time Awards“ in den Augen der Jury eindeutig die deutsche Niederlassung von Microsoft.

Ein Novum in der noch jungen Geschichte der Preisvergabe war, dass der Datenschutzbeauftragte von Microsoft, Sascha Hanke, persönlich nach Bielefeld kam, um den Preis in Empfang zu nehmen. Hanke erklärte diesen Schritt folgendermaßen: „Wir sind nicht erfreut über den Preis, akzeptieren aber das Urteil der Jury“. Die Preiswürdigkeit des Konzerns rechtfertigte ein Jury-Mitglied mit dem Verweis u.a. auf Online-Registrierung von Windows 98, die Lizenzkontrolle des eBook-Readers und die Update-Politik des Windows Media Players. Auf diese Weise würde dafür gesorgt, dass aus dem „Allzweck-PC ein Copyright-Polizist“ werde. Das derzeit nur in Umrissen erkennbare DRM-Konzept Palladium sei nur die Krönung einer traurigen Entwicklung.


Etwa 100 seriöse Vorschläge erreichten die Jury in diesem Jahr, wovon schließlich acht prämiert wurden. Den Lokalpreis erhielt der Innenminister von NRW, Fritz Behrens, für das Herbeilügen von Erfolgen der Kameraüberwachung in einem öffentlichen Park.
In der Kategorie „Kommunikation“ war wenig überraschend die vom Bundesrat verabschiedete „Vorratsdatenspeicherung“ vom Verbindungsdaten durch die TK-Provider der Empfänger des Preises. Was bisher nur für Abrechnungszwecke gedacht war, so die Jury, entwickele sich mit der Initiative des Bundesrates zu einer veritablen Überwachungsinstanz. Für den Versuch, die sogenannte Rasterfahndung auch ohne richterlichen Beschluss und ohne konkrete Gefahrenlage zu genehmigen, erhielt der hessische Innenminister Volker Bouffier den Award in der Kategorie „Politik.

Das kommende System der LKW-Maut, das demnächst bundesweit von der Berliner Firma TollCollect installiert wird, erhielt schließlich den Preis in der Kategorie Technik.
Bayer bekam den Big Brother Award in der Kategorie „Arbeitswelt“ für „ihre demütigende Praxis, Auszubildende vor der Einstellung einem so genannten Drogenscreening zu unterziehen“ zugesprochen.
Die Deutsche Post erhielt den Preis in der Kategorie „Verbraucherschutz“ „wegen ihres datenschutzwidrigen Umgangs mit Adressangaben aus den Post-Nachsendeanträgen.
Last, not least: Das Bundeskriminalamt erhielt den Preis in der Kategorie „Behörden und Verwaltung“, „weil das Amt seit 2001 im Zusammenhang mit drei neu eingerichteten Präventiv-Dateien gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht der darin erfassten Personen verstößt“.
Weitere Gewinner in Deutschland und in anderer Staaten:

 Autor: jvs
 Veröffentlichung: 31. Oktober 2002
 Kategorie: Nachricht
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