1. Überblick
Die Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) ist schon vor ihrer Verabschiedung ins Kreuzfeuer der Kritik sowohl von Datenschützern als auch von Wirtschaftsverbänden geraten. Im Folgenden soll diese nun schon über ein Jahr lang gültige Bundesverordnung inhaltlich einmal näher betrachtet werden.
Die TKÜV ist am 29.01.2002 in Kraft getreten und ersetzt seitdem die Fernmeldeverkehr-Überwachungsverordnung von 1995. Anfang September 2001 hatte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) bereits den dritten Referentenentwurf der TKÜV vorgelegt, der schließlich Ende Oktober 2001 vom Bundeskabinett endgültig beschlossen wurde. Der Zustimmung des Bundesrates bedurfte sie als Bundesverordnung nicht. In diesem Entwurf werden Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen zur Aufzeichnung und Vorhaltung von Übertragungsdaten gegenüber den Strafverfolgungsbehörden verpflichtet.
Die aktuelle Fassung geht auf ein schon seinerzeit am Widerstand der Öffentlichkeit gescheitertes liberal-konservatives Gesetzesvorhaben zurück. Die erneute Überarbeitung der Verordnung war wegen neuerlicher massiver Proteste von Branchenverbänden und Datenschützern nötig geworden, die unter anderem die hohen Kosten der Netzbetreiber, beziehungsweise die vermeintlich grundgesetzwidrige Aufhebung des Fernmeldegeheimnis kritisierten.
Es wurden nun in einigen Ausnahmeregelungen weitere Einschränkungen des Kreises der zum Vorhalten von Überwachungseinrichtungen verpflichteten Betreiber gemacht. Speziell wurde davon abgesehen, Netzbetreibern die immensen Kosten einer Überwachung von breitbandigen Backbones aufzubürden. Auch Verbindungsnetze, die nicht dem Nutzer direkt zugänglich sind und kleine Netze mit weniger als 10.000 Nutzern wurden von der kostspieligen Vorhalteverpflichtung ausgenommen.
Grundlage für die Telekommunikationsüberwachungs-Verordnung ist das schon 1996 in Kraft getretene Telekommunikationsgesetz (TKG), dessen § 88 bereits die von der TKÜV spezifizierten Prinzipien der Überwachung vorgibt, sowie einzelne Paragraphen aus dem Außenwirtschaftsgesetz, dem Artikel-10-Gesetz und der Strafprozessordnung. Primärer Zweck der TKÜV ist
So heißt es dann auch in einer eigens zur TKÜV eingerichteten FAQ-Rubrik auf der Homepage des jetzigen BMWA, dass durch die TKÜV der reale Umfang der Überwachungsmaßnahmen nicht ausgeweitet worden sei.
Wie auch immer diese Aussage zu interpretieren ist, sie zeigt, dass eine konsequente Ablehnung der Überwachunng von Telekommunikation auch zu einer vollständigen Überarbeitung des TKG führen müsste. Nun wird aber oft argumentiert, dass dieser Ansatz kaum praktikabel sei.
Was die Kostenbelastung betrifft, lässt sich feststellen: Die aus dem Postministerium übernommenen Überwachungsexperten im Bundeswirtschaftsministerium erhofften sich von dem durch die TKÜV erzeugten Standardisierungsdruck eine kostendämpfende Wirkung. Die Hersteller von Überwachungsgeräten sollten wohl billigere Produktionsmethoden entwickeln.
2. Individualkontrolle und strategische Beschränkung
Die TKÜV fußt auf zwei begrifflich voneinander zu trennenden Arten von Überwachung: Die Individualkontrolle und die sogenannte strategische Beschränkung. Bei der Individualkontrolle wird die zu überwachende Telekommunikation einer Einzelperson in der gesetzlich vorgeschriebenen Anordnung durch die Rufnummer oder eine andere Kennung des Anschlusses bezeichnet. Die Strategische Beschränkung wird dagegen im Unterschied zur Individualkontrolle ohne Personen -und Anschlussbezug vorgenommen. Sie dient der Überwachung eines Teils der Telekommunikation zu oder aus bestimmten Regionen im Ausland und muss vom Bundesinnenministerium angeordnet werden. Dies geschieht zum Zwecke der Erkennung schwerwiegender Gefahren- sprich (terroristischer) Bedrohungspotentiale- für die Bundesrepublik Deutschland.