Wird es während des unausweichlich scheinenden Krieges im Irak eine objektive Berichterstattung geben oder nicht? Wie wir es aus dem letzten Golfkrieg von 1990/1991 bereits kennengelernt haben, wird es für die Journalisten äußerst schwierig sein, ungefilterte Berichte aus dem Irak zu liefern. Wie die Nachrichten-Agentur Reuters berichtet, sind die ersten US-Truppen bereits in die entmilitarisierte Zone im Süden des Irak eingerückt.
Die meisten Journalisten haben ihre Hotels in Bagdad bereits gestern verlassen. Grund dafür war die Ankündigung der Bush-Administration,daß auch die Hotels, in denen sich die Journalisten wohnen, erste Ziele der Bombardements sein werden, weil man darin irkakische Kommunikationsanlagen vermutet. Trotz dieser Gefahr halten sich einige wenige deutsche Journalisten immer noch in der irakischen Hauptstadt auf:
- Katrin Sandmann [N 24] – Möglicherweise wird sie noch während des Ultimatums abgezogen
- Ulrich Tilgner [ZDF] – Wird aber das gefährdete Journalistenhotel Al-Rachid verlassen und sich um eine alternative Unterkunft bemühen
- Antonia Rados [RTL/N-TV] – Sie wird bis auf weiteres in Bagdad bleiben. Wenn ihr Leben akut in Gefahr geraten sollte, wird aber auch sie abgezogen werden.
Zur Zeit mehren sich die Berichte, daß der Irak selbst die verbliebenen Journalisten ausweisen will. Neben den auf sich gestellten Reportern in der irakischen Hauptstadt hat sich die Mehrzahl der Journalisten der US-amerikanischen Truppe angeschlossen. Sie folgten wie auch 500 weitere Journalisten den sogenannten „Embedding“-Angebote der amerikanischen PR-Strategen:
- Jay Tuck [NDR], Roland Strumpf [ZDF] und Lothar Keller [RTL] haben sich auf den Flugzeugträgern „Truman“ und „Roosevelt“ einquartiert.
- Guido Schmidtke [N 24] ist zusammen mit den Bodentruppen in Kuwait ist als so genannter eingebetteter Korrespondent unterwegs.
- Uli Klose [RTL] hat sich einem US-Panzerbataillon angeschlossen.
Was aus diesen Quellen berichtet werden darf, wird das Pentagon entscheiden. Ungefilterte Informationen darf man von dort nicht erwarten. Auch in den umliegenden Ländern Amman, Kuwait, Katar und Israel haben sich die Berichterstatter in Position begeben. CNN hat insgesamt über 250 Personen in die Region entsandt.
Alle Sender haben ihre Kriegskorrespondenten auf die unmittelbaren Gefahren des Krieges vorbereitet. Unter anderem haben deutsche Journalisten in Hammelburg Krisensituationen simuliert und trainiert, damit sie im Ernstfall die richtigen Entscheidungen treffen können. Alle haben Gasmasken bei sich, auch wenn das alleine bei kurzfristigen Giftgasanschlägen helfen wird. Über ausreichende ABC-Schutzkleidung für atomare, chemische oder biologische Angriffe verfügen sie nicht.
Wie wir bereits in unserem Pressespiegel berichteten, besteht ein weiteres Problem darin, die eventuell authentischen Informationen an die Büros in Deutschland und der Welt zu übermitteln. Gegenwärtig verschieben Satellitenbetreiber, wie Inmarsat einige ihrer Satelliten in Richtung Nahen Osten, um den anstehenden Informationsstrom bewältigen zu können. Dennoch könnte das irakische Internet von den USA bzw. Großbritannien einfach abgeschaltet werden: Der einzige Provider des Irak, die „State Company for Internet Services“ [SCIS], ist nämlich über Satellitenservices britischer bzw. amerikanischer Firmen angebunden, was sogar gegen das UNO-Embargo gegen den Irak verstoßen könnte.
Somit könnte der Irak im Zweifelsfall einfach via US-Gerichtsbeschluss offline gehen. Dies würde dann neben den Journalisten auf Internationale Hilforganisationen betreffen, die via Internet kommunizieren, betreffen. Alternativ steht dann nur noch die teure direkte Satellitenübertragung zur Verfügung. Die USA hat angekündigt, während des Krieges verstärkt Störsender einzusetzen, um vor allem die feindliche Nutzung der Satelliten etwa für das GPS zu verhindern.
Neben diesen technischen Problemen, die eine objektive Berichterstattung aus dem Irak und speziell aus der irakischen Hauptstadt behindern können, kommt die angesprochene Zensur durch das Pentagon. Das Pentagon verkündete zwar Transparenz und Echtzeitjournalismus, doch den werden wir wohl nur dort erleben, wo es den US-Militärstrategen paßt. Nicht zuletzt die direkte „Einbettung“ der Journalisten in die militärische dient dazu, daß die Befehlshaber des Pentagon das letzte Wort haben, wenn es um die Frage geht, was an die Öffentlichkeit dringen soll. Einen Peter Arnett von CNN – er war Mitte Januar 1991 in Bagdad geblieben und hatte wenigstens Kriegsbilder vom Dach des Raschid-Hotels aus übertragen können – soll es nicht wieder geben.
Die Berichte der letzten Tage von den Vorbereitungen lieferten uns einen Vorgeschmack auf das, was kommen mag. Bilder von fußballspielenden oder betenden Soldaten oder eine Online-Waffenschau zur Dokumentation der technischen Überlegenheit des US-Militärs sollen uns auf den den sauberen Blitzkrieg vorbereiten ohne „Schmerzen“ vorbereiten.