Krieg und Fernsehen – Objektive Informationen oder Propaganda?

Der Irak-Krieg bestimmt die Medien und die Medien bestimmen den Krieg. Öffentliche und Private Rundfunk- und Fernsehanstalten machen Geschäfte mit dem Krieg. Das ist bekannt. Weniger bekannt ist indessen, wie die einzelnen Medienanstalten mit dem Problem der Zensur umgehen. Nur wenige haben noch eigene Reporter im Irak und können so unabhängig berichten. Viele Sendeanstalten haben sogenannte „Eingebettete Journalisten“ innerhalb der britischen und US-amerikanischen Truppen positioniert. Sie sind aber, wie alle anderen Reporter im Kriegsgebiet abhängig davon, welche Informationen das US-Militär freigibt. Es ist so zwar jedem klar, daß er keine objektiven Nachrichten erhält. Die Bilder, die wir sehen, simulieren dennoch einen authentischen Eindruck vom Ort des Geschehens. N-TV bietet zum Beispiel die Möglichkeit über eine Webcam 24 Stunden dem Treiben in Baghdad LIVE beizuwohnen.

Viele Sender nutzen diese simulierte Authentizität für sich aus und füttern damit die Quoten-Sau. Nur wenige Medienanstalten machen ihre Zuhörer und Zuschauer über die Möglichkeit von Zensur, Desinformation und Propaganda durch beide Kriegsparteien aufmerksam. Oft tun sie das aber nur versteckt oder nur indirekt. Hier eine kleine Sammlung diverser Kommentare teilweise „In eigener Sache“ von den Sendern zur Möglichkeit freier Berichterstattung im Irak und zur Wirkung der Bilder auf die Zuschauer:

ARD: Freie Berichterstattung für die Tagesschau fraglich

HINWEIS: Zensur, Propaganda und gezielte Desinformation

„Eine Information in eigener Sache: Wir möchten Sie so gut, so objektiv und so wahrheitsgetreu wie möglich über den Krieg gegen den Irak und die Auswirkungen informieren. Im Krieg hat jedoch jede Partei das Interesse, die Öffentlichkeit und die Journalisten in ihrem Sinne zu beeinflussen. Unsere Korrespondenten und wir Redakteure weisen darauf hin, dass die Informationen, auf denen die hier veröffentlichten Nachrichten basieren, durch Zensur oder gezielte Desinformation und Gerüchte verfälscht oder unwahr sein könnten.“

N-TV: Emanzipation bei der Kriegsberichterstattung

Weibliche Berichterstattung – Reporterinnen im Krieg

„Zu Beginn der 90er Jahre hieß das weibliche Gesicht des Krieges Christiane Amanpour. Wenn etwa der private Nachrichtenkanal n-tv nach Bagdad schaltet, ist Antonia Rados im Bild. Die 49-jährige Österreicherin, Leiterin des RTL-Studios in Paris, ist seit dem 23. Januar ununterbrochen in der irakischen Hauptstadt und dabei auch für n-tv im Einsatz. Rados verfügt wie Amanpour über eine langjährige Erfahrung als Berichterstatterin aus Krisengebieten. Sie will die Sache „bis zum Ende durchziehen“, hat sie mehrfach betont. Für SAT.1 und N24 hat Katrin Sandmann (36) bis kurz vor Kriegsbeginn aus Bagdad berichtet. Im italienischen Fernsehprogramm geben Frauen eindeutig den Ton an. In Skandinavien hat sich seit Wochen die Norwegerin Asne Seierstad als Reporterin aus Bagdad einen Namen gemacht. Auch Griechenland und die Türkei sind mit Korrespondentinnen vertreten. Sogar für den arabischen Sender El Dschasira ist eine Reporterin im Irak unterwegs.“

3sat: Über die Inszenierung des Krieges

Militainment

„Moderatoren und Reporter inszenieren den Wüstenkrieg als Live-Spektakel. Dabei sein ist alles bei diesem schaurigen Event. Es gilt, die patriotische Schlacht medial zu verkaufen. Doch welcher Verkäufer bedient sich schon kritischer Töne? Nie zuvor wurde ein Krieg Amerikas so fernsehgerecht, so heroisch in Szene gesetzt. “

RTL: Der Reporter als Kriegsheld

RTL-Reporter Klose berichtet von der Front

„RTL-Reporter Ulrich Klose will auch bei möglichen Kämpfen um Bagdad bei der ihm zugeteilten US-Division bleiben. Der Journalist berichtete schon vom ersten Golfkrieg, aus dem Kosovo und aus Afghanistan. Er habe in den vergangenen sieben Tagen „nichts Bett- oder Liegen-ähnliches“ mehr gesehen. „Allenfalls konnte ich mal eine Schlafmatte herausholen und drei Stunden neben einem Vorderreifen unseres Jeeps schlafen“, sagte der 46-Jährige.“

CNN: Immer aktuell mit dem LIVE-Ticker

Reporters‘ Log: War in Iraq

„Sources: Pentagon, CNN, UK Defense Ministry.“

SWR: Wie Kriegsbilder wirken

„Flächenbombardement“ im TV

„Seit Kriegsbeginn ist es dem Fernsehzuschauer möglich, mit der Fernbedienung direkt mit in den Schützengraben zu gehen. Die Bilder des Krieges ähneln sich auf allen deutschen Kanälen. Grünstichige Nachtaufnahmen mit Blitzen, Explosionen, Situationsberichte von irgendwelchen Orten im Kriegsgebiet, startende Flugzeuge und Raketen, Politikerstatements. Dieser Krieg ist noch stärker als zuvor ein Medienkrieg, weil alle Beteiligten aus den vergangenen Kriegen gelernt haben, welchen Einfluss die Berichterstattung auf die öffentliche Meinung hat.“

BBC: Tagebücher eingebetteter Journalisten

Reporters‘ Log: War in Iraq

„The BBC’s unrivalled team of correspondents is bringing you news from the Gulf and reaction from around the world. On this page BBC News Online logs their impressions and personal experiences as they watch events unfold.“

Natürlich sind diese Seiten nur eine kleine Auswahl der unzähligen Berichte über Propaganda, Desinformataion und Zensur. Interessant ist, daß die meisten Leute zwar um die gefiltertete Berichterstattung wissen, aber nichtsdestoweniger gieren sie nach Bildern und Nachrichten. Und die Sender können ruhig über Zensur reden, keinen störts, das der Krieg für uns inszeniert wird: Der Krieg als Doku-Drama. Der Krieg als Event. Der Krieg im 21. Jahrhundert.

 Autor: Peter Ulber
 Veröffentlichung: 3. April 2003
 Kategorie: Nachricht
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