Wer verdient am Urheberrecht: Musik

Am Freitag wurde im Bundestag die Neufassung des Urheberrechts verabschiedet. Das Gesetz ist jedoch nur ein Provisorium, das später noch weiter ergänzt werden soll und im Jahr 2006 einer endgültigen Revision unterzogen wird. Ziel des Urheberrechts ist es, einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Hervorbringer geistigen Eigentums auf der einen und der Gesellschaft auf der anderen Seite herzustellen. Doch wer verdient wirklich an den Urheberabgaben? Dies soll hier am Beispiel der Musik dargestellt werden.

Ich möchte allerdings noch vorausschicken, dass die Zahlen, die hier dargestellt werden, nicht auf andere Bereiche des Geistigen Eigentums übertragbar sind, sondern nur speziell für den Musikmarkt gelten.

Das Urheberrecht ist ein Persönlichkeitsrecht, das bis 70 Jahre nach dem Tod der Verfassers noch geltend gemacht werden kann. Damit ist es jedoch eigentlich nur auf die Erben des Autors übertragbar, doch es besteht eine Ausnahme: Wenn Persönlichkeitsrechte wirtschaftlich bedeutend sind, können sie übertragen werden, in unserem Beispiel an Musikverlage oder die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte, kurz GEMA. Häufig sind jedoch die Musikverlage selbst Mitglieder der GEMA. Damit überlässt der Autor das Inkasso für seine Leistungen einer Verwertungsgesellschaft, die die Gelder dann an die Urheber wieder verteilt. Bevor wir jedoch einen Blick auf den Verteilungsschlüssel werfen, kommen wir zum ersten Punkt, den

Einnahmen der GEMA

Die GEMA nimmt nur die Urheberrechte von Komponisten wahr, nicht die Leistungsschutzrechte von Musikern, die 25 bis 50 Jahre nach der Veröffentlichung bzw. Darbietung bestehen. Dabei genießt die GEMA eine Reihe staatlicher Begünstiungen. So ist es z.B. für einzelne Urheber nicht möglich, eine Leermedien- und Geräteabgabe zu kassieren, der GEMA sehr wohl. Damit wollte sich in den 80er Jahren der Freibank Musikverlag nicht abfinden und ein eigenes Inkassounternehmen gründen, das jedoch nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht die gleichen Rechte bekommen sollte wie die GEMA. Außerdem besteht die sogenannte GEMA-Vermutung: Jegliche Musik ist von Mitgliedern der GEMA oder ihren ausländischen Pendants bzw. Geschäftspartnern komponiert. Wenn jemand ein nicht von ihr vertretenes Stück aufführt oder spielt, so muss derjenige dafür einen Beweis vorweisen, und nicht die GEMA. Diese Beweislastumkehr ist eine im deutschen Recht seltenen Konstruktion, erleichtert jedoch den Verwertungsgesellschaften das Inkasso.

Nun zu den einzelnen Einnahmeposten der GEMA:

Da wären zunächst die Einnahmen für Aufführungs-, Sende- und Wiedergaberechte, d.h. Einnahmen von Konzertveranstaltern, Fernseh- und Radiosendern sowie Diskotheken und Gaststätten, die größtenteils pauschal abgegolten werden. Sie machen insgesamt 351,5 Mio € aus, also 43,4% der GEMA-Einnahmen aus. Daneben kommen die Einnahmen aus der Vervielfältigung von Tonträgern durch die Industrie, was 273,9 Mio € einbringt. Die Einnahmen aus pauschalen Abgaben auf Leermedien und Kopiermedien belaufen sich auf 22,9 Mio €.

Den letzten Punkt gilt es näher zu beleuchten. So geht die GEMA davon aus, dass CD-Brenner nur dem Zweck dienen, Musik zu kopieren, während andere Zwecke wie Datensicherung einfach negiert werden. Dies ist die Argumentation des Vorsitzenden Reinhold Kreile, der auch die Existenz kostenlos erhältlicher Software abstreitet. Dass von solcher Seite beurteilt wird, welche Möglichkeiten die digitale Welt bietet, ist schon sehr befremdlich.

Verteilung der GEMA-Einnahmen

Die GEMA-Einnahmen beliefen sich im Jahr 2001 auf 810,5 Mio €. Davon wurden 117,9 Mio € (14,5%) für den Verwaltungsapparat der Gesellschaft ausgegeben. Zum Vergleich: Die Verwaltungskosten der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) betrugen im Jahr 2001 4,56%. Zwar stieg damit der Prozentsatz für die Verwaltung in der GEMA von 13,5% im Jahre 1992, dabei stiegen die Gesamteinnahmen bereits um 19,4% im selben Zeitraum. Dies liegt nicht zuletzt an einer Überbezahlung von einfachen Außendienstmitarbeitern, die nach BAT III bezahlt werden, was dem Gehalt eines angestellten Hochschuldozenten entspricht.

GEMA-Mitglieder müssen mit Beginn ihrer Mitgliedschaft alle zukünftigen Kompositionen und musikalische Textdichtungen der GEMA übertragen. Es gibt keine Möglichkeit, einzelne Stücke auszuschließen, außerdem noch die Rechte für künftige Verwertungsmodelle (Internetradio etc.). Damit hat die GEMA ein Verfahren entwickelt, das Komponisten von jeglichen anderen Verteilungsmöglichekiten ihrer Musik abhält. So ist es z.B. einem GEMA-Mitglied nicht möglich, einzelne Stücke auf einer Internetseite zum kostenlosen Download anzubieten.

Die Ausschüttung der Einnahmen der Verwertungsgesellschaften unterliegen keinerlei Kontrolle von außen. Obwohl die GEMA über 55.000 Mitglieder zählt, werden die Einnahmen fast ausschließlich auf einige wenige Hitparadenkomponisten und solche der Sparte E-Musik verteilt. Der Rest der Mitglieder geht leer aus oder darf sogar zuzahlen. Desweiteren verdienen auch Musikverlage an ihrer GEMA-Mitgliedschaft, sowie Erben von Komponisten, zu deren Vermögen auch die Tantiemen an den Werken des Autors bis zum 70. Todesjahr gehören. Aufgrund dieser Ungleichverteilung sind weite Teile der Elektronischen Musik komplett aus dem GEMA-System ausgeschieden. Trotzdem gilt die o.a. GEMA-Vermutung weiterhin.

Bei der Anmeldung eines Komponisten bei der GEMA wird er in eine Sparte eingestuft, die den kulturellen Wert desselben festlegt. Dabei ist sogenannte E(nicht elektronische, sondern ernste)-Musik um bis zu 20-mal höher bewertet als U(nterhaltungs)-Musik. Dies verleitet zu einem ganz einfachem Trick, der einem E-Komponisten höhere Einnahmen bringt: Der Komponist veranstaltet unter freiem Himmel kostenlose Konzerte. Entscheidend für die Abrechnung der GEMA ist nicht die Zahl der verkauften Eintrittskarten oder die tatsächliche Anzahl von Besuchern, sondern die Anzahl der möglichen Besucher. Damit erhält die GEMA keine oder nur geringe Einnahmen, muss aber viel Geld ausschütten. 1995 wurde diese Subvention auf 300.000 DM pro Komponist gedeckelt, was zu Klagen einiger Komponisten gegen diese Satzungsänderung veranlasste. Das Landgericht Berlin stellte dazu fest:

„Die Ausschüttungen nach dem Wertungsverfahren für E-Komponisten stellen genau genommen nichts anderes als eine Subventionierung aus Erträgen im Bereich der U-Musik dar, da die Wertungsmittel ganz überwiegend nicht aus dem E-Aufkommen, sondern aus dem U-Aufkommen herrühren […] Dass die Begrenzung einer Subvention auf einen jährlichen Betrag von rund 1/4 Mio. DM für eine einzige natürliche Person diese nicht übermäßig belastet, bedarf aus Sicht der Kammer keiner weiteren Vertiefung.“

Im Jahr 1998 führte die GEMA einen neuen Abrechnungsmodus ein: Wurden vorher die Erlöse nach eingereichten Listen von Veranstaltern, Radio- und Fernsehsendern verteilt, so werden jetzt „Erfolgstitel“ höher bewertet, weil man davon ausgeht, dass diese häufiger gespielt werden. Damit wird ein Großteil der Komponisten und Texter schlechter bewertet als vorher. Besonders benachteiligt werden Musiker, die ihre eigenen Titel spielen. Diese Bands erhalten nur noch ein Drittel der Summe, die sie vor der Umstellung des Bewertungsschlüssels erhielten. Zudem liegen von den 12 Direktionen der GEMA nur 2 in Ostdeutschland, was ehemalige DDR-Stars benachteiligt, die dann in weniger Direktionsbezirken gespielt werden als West-Komponisten.

Die Einnahmen aus dem Bereich „Leermedien- und Geräteabgabe Audio“ werden zu 75% nach Airplay und zu 25% nach Tonträgerabsatz an die Komponisten verteilt. Diese Werte stellen laut GEMA Erfahrungswerte dar, die jedoch nicht mit Zahlen untermauert werden. Somit wird auch in diesem Bereich weiterhin Geld an die schon Begünstigten ausgezahlt. Daten, die diese Verteilung rechtfertigen, werden nicht veröffentlicht, sondern man beruft sich auf „Erfahrungswerte“, die bei o.a. Wissen über das Internet eher „Unerfahrungswerte“ genannt werden dürfen.

Andere relevante Verwertungsgesellschaften für Musiker

Neben der GEMA, die für die Komponisten und Texter die Rechte wahrnimmt, gibt es noch die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsrechten (GVL), die die Leistungsschutzrechte von Musikern wahrnimmt. Die GVL wird vor Deutschen Orchestervereinigung (DOV) und der Deutschen Landesgruppe der Internationalen Vereinigung der Phonografischen Industrie (IFPI) getragen. Diese verteilen die Einnahmen aus dem Verkauf von Leermedien und Geräten, sowie die Aufführung von Musik von Tonträgern.

Leider sind für die GVL keine Daten im Internet verfügbar, so dass ich mich auf andere Quellen stützen muss, die hier nur kurz zusammengefasst werden sollen. Die Hälfte der Einnahmen geht aus die ausführenden Künstler, die andere aber die Hersteller von Tonträgern. Abgesehen davon verteilt die GVL ihre Einnahmen ebenso wie die GEMA nach Airplay und nach Tonträgerabsatz.

 Autor: Thomas Mayer
 Veröffentlichung: 16. April 2003
 Kategorie: Bericht
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