Videoüberwachung im privaten Raum

Die Umsätze der Hersteller von Überwachungskameras stiegen allein in Deutschland von 51 Mio. € (1994) auf 138 Mio. € im Jahre 2000 (Quelle: Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie). Darin nicht erfasst sind Webcams, die durchaus als billige Alternative zu herkömmlichen CCTV-Systemen verwendet werden können. Durch den technischen Fortschritt sind aber auch konventionelle Kameras für den Einsatz im privaten Bereich erschwinglich geworden. Leider wissen die wenigsten Personen über die gesetzlichen Grundlagen und Bestimmungen Bescheid, wenn sie solche Systeme installieren.

Für das Aufstellen und den Betrieb von Videoüberwachungssystemen sind das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die Landesdatenschutzgesetze von Bedeutung. Hierfür ist insbesondere der §6b BDSG wichtig, der am 23. Mai 2001 in Kraft trat. Dies gilt jedoch nur für die Überwachung öffentlichen Raumes, nicht jedoch für den Privat- oder Arbeitsbereich. Für Letzteres ist das Arbeitsrecht und der darin enthaltene Arbeitnehmerdatenschutz zuständig, für den Privatbereich kann das BDSG nur als Auslegungshilfe herangezogen werden. Prinzipiell ist es jedoch freigestellt, seinen Privatgrund zu überwachen, solange nicht Dritte – ob beabsichtigt oder nicht – davon betroffen sind. Dazu sind auch Besucher zu zählen. Insbesondere unterscheidet das Gesetz nicht zwischen analoger und digitaler Überwachungstechnik.

Desweiteren spielen noch andere Gesetze eine Rolle: Das Kunsturhebergesetz (KUG) aus dem Jahr 1907, in dessen §§22 ff die Verbreiten und das zur Schau stellen von Abbildungen von Personen geregelt sind. Dadurch wird das Recht am eigenen Bild ein geschütztes subjektives Recht. Damit greift bei Verletzungen dieses Recht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), nach dessen §823 ein Schadensersatzanspruch ausgelöst wird. Bei schwerwiegenden Verletzungen dieses Rechts kann sogar Ersatz für einen immaterieller Schaden („Schmerzensgeld“) zugesprochen werden (§847 BGB). Auch ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch steht dem Geschädigten nach §1004 BGB zu.
Bei jedem Einsatz von Videokameras ist darauf zu achten, dass nicht nur der öffentliche Raum geschützt ist, sondern auch der öffentlich zugängliche Raum. Dazu gehören auch Ladenpassagen, Bahnhöfe, teilweise Treppenhäuser und ähnliches

Durch diese Fülle gesetzlicher Regelungen und die schwierige Auslegung wollen wir uns hier auf einige typische Fälle beschränken.

1. Videoüberwachung eines Anwesens

Wenn Videoüberwachung nur auf Privatgrund eingesetzt wird, in dem nur Beteiligte wohnen, so gilt hierfür das BDSG nicht. Da jedoch häufig auch der benachbarte öffentliche Raum (z.B. Bürgersteig) mitbeobachtet wird, greift hier §6b. Sollten die Kameras nicht sofort als Kameras erkennbar sein – sei es durch eine versteckte Anbringung oder durch eine Ähnlichkeit mit Lampen bzw. Sprinkleranlagen – muss durch ein Schild darauf hingewiesen werden, dass hier observiert wird (Absatz 2).

Die Aufzeichnung der Bilder ist grundsätzlich nicht gestattet. Einzig eine kurzfristige Speicherung der Aufnahmen ist bei einer konkreten Gefahrenlage erlaubt. Eine weitere Verwertung der Aufzeichnungen für andere als den ursprünglichen Zweck ist nur erlaubt, wenn es sich um Sicherheitsbelange handelt. Dies bedeutet im Klartext, dass z.B. von privaten Überwachungsanlagen Bilder an die Polizei zur Verfolgung anderer Straftaten weitergegeben werden dürfen.

Da es recht schwierig abzuschätzen ist, wann sich eine Straftat abzeichnet, ist die Deutsche Bahn AG beispielsweise dazu übergegangen, keine Videobilder aufzuzeichnen, sondern beobachtet mit Angestellten der Bahn-Schutz-und-Service GmbH in ihren sogenannten 3S-Zentralen („Service, Sicherheit, Sauberkeit“) die Bahnhöfe.

2. Videoüberwachung einer Wohnanlage

In Wohnanlagen ist nicht nur der angrenzende öffentliche Raum zu betrachten, sondern auch Teile der Anlage selbst. Das Treppenhaus ist ein halböffentlicher Raum und muss frei von jeglicher Überwachungstechnik bleiben. Dies wäre ein übermäßiger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Mieter, da ihre Lebensgewohnheiten erfasst werden könnten. Auch eine schriftliche Einwilligung aller Mieter ist hierfür nicht ausreichend, da auch andere Personen betroffen sind, beispielsweise Besucher. Einzig als Ersatz für einen Türspion können Videokameras eingesetzt werden, deren Bilder nicht aufgezeichnet werden dürfen. Ebenso darf nur der Bereich der Haus- bzw. Wohnungstür im Blickfeld der Kamera liegen.

Sollten Nebeneingänge zu einer Wohnanlage für alle Mieter zugänglich sein, so ist die Überwachung eines Zugangs rechtlich zulässig, wenn ein entsprechender Hinweis angebracht wird. Dies bedeutet, dass eine Tiefgaragenzufahrt durchaus kontrolliert werden darf, wenn die Haustür nicht von einer Kamera beobachtet wird. Kameras, wie sie in Kombination mit einer Gegensprechanlage verkauft werden, sind davon nicht betroffen.

3. Videoüberwachung von Angestellten

Eine verdeckte Überwachung von Angestellten ist nicht erlaubt, insbesondere eine Überwachung zur Kontrolle der Arbeitsleistung ist ausgeschlossen. Einzig zur Verhinderung von Diebstählen dürfen Kameras eingesetzt werden, falls die Betroffenen informiert werden und zustimmen. Ansonsten kann sogar ein eindeutiger Beweis nicht geltend gemacht werden, wie das Amtsgericht Stuttgart am 18.04.2001 in einem Betrugsprozess festgestellt hatte (Az. 8 Cs 32 Js 61688/00).

4. Streaming ins Internet

Das Senden von Webcams ins Internet hat zwar nichts direkt mit Videoüberwachung zu tun, berührt aber ebenfalls dieselben Gesetze. Man muss in diesem Punkt sehr vorsichtig sein, denn gerade bei Livestreams könnten einzelne Personen eindeutig erkennbar sein, die sich im öffentlichen Raum bewegen. Damit sind deren Rechte nach dem KUG verletzt, auch wenn dies unbeabsichtigt geschieht. Besonders die Zurschaustellung eines „bösen Nachbarn“ im Internet ist nicht erlaubt. Veröffentlicht werden dürfen allerdings Abbildungen von Sachen, sofern der Gegenstand nicht eindeutig einer Person zugeordnet werden kann. Dazu muss dann z.B. das Kennzeichen eines KFZ unkenntlich gemacht werden.

Sollte man Bilder vom Arbeitsplatz ins Internet senden wollen, so müssen sämtliche Betroffenen einwilligen, d.h. nicht nur die Angestellten, sondern auch beispielsweise gefilmte Kunden. Und selbst dann ist es schwierig zu beurteilen, ob nicht ein Druck auf die Angestellten ausgeübt wurde, eine entsprechende Vereinbarung zu unterschreiben.

Besonders dreist ging dabei die Second-Hand-Bekleidungskette Kleidermarkt vor, die Bilder einer Umkleidekabine ihres Ladens in Hamburg auf ihrer Homepage zur Verfügung stellte. Dies ist unter keinen Umständen möglich.

Bilder dürfen nur zur Verfolgung von Straftaten gespeichert werden, nach Klärung des Sachverhalts müssen sie wieder gelöscht werden. Nach Absatz 4 des §6b BDSG müssen Betroffene unverzüglich benachrichtigt werden.

Außerdem muss vor jedem Einsatz von Überwachungssystemen, der öffentlich zugänglichen Raum erfasst, eine Vorabprüfung stattfinden. Sollte dies nicht geschehen, so kann dies bei einer Überprüfung zu einer Beanstandung führen. Wer dies fahrlässig oder vorsätzlich unterlässt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die keinen Antrag eines Betroffenen vorsieht. Sollte dies aber gegen Entgelt oder in einer Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht geschehen, so handelt es sich um eine Straftat, die vom Betroffenen, der verantwortlichen Stelle oder auch von der zuständigen Datenschutzinstanz zur Anzeige gebracht werden kann.

Bußgelder ziehen auch das Unterlassen einer gebotenen Benachrichtigungspflicht, ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht oder auch gegen vollziehbare Anordnungen nach sich. Mit letzterem ist v.a. die Nicht-Anbringung eines Hinweisschildes gemeint.

Die rechtlichen Hürden für den Einsatz von Videoüberwachung sind in der Bundesrepublik Deutschland sehr hoch gelegt. Sollten Sie dennoch ein CCTV-System installieren wollen, so empfiehlt sich vorher eine rechtliche Beratung durch einen Anwalt, eine Sicherheitsfirma oder einen Fachhändler.

 Autor: Thomas Mayer
 Veröffentlichung: 14. Oktober 2003
 Kategorie: Bericht
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