Die Reform des Großen Lauschangriffs

Als der Große Lauschangriff vom Bundesverfassungsgericht für teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt wurde, machte sich das Bundesjustizministerium daran, eine neue Regelung für das Abhören von Wohnungen mit Wanzen zu treffen. Entgegen den ursprünglichen Vermutungen enthält der Referentenentwurf kaum Einschränkungen der bisherigen Praxis, sondern sieht eher eine Ausweitung derselben vor.

Nach neuesten Meldungen u.a. bei Telepolis regt sich auch innerhalb der Regierungsfraktionen Widerstand gegen den Entwurf. Daraufhin wurde der Entwurf zurückgezogen.

Mehrere FDP-Politiker hatten beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde gegen die Grundgesetzänderung eingelegt, die 1998 den sogenannten Großen Lauschangriffs ermöglichte, sowie gegen die entsprechenden Paragraphen in der Strafprozessordnung (StPO). Am 3. März gab das BVerfG der Beschwerde teilweise Recht, d.h. die StPO verstößt gegen das Grungesetz, während die Änderung letzterer als verfassungsgemäß zu gelten habe. Die StPO müsse bis spätestens 30. Juni 2005 angepasst werden.

So müssten die Richter, welche die Maßnahme anordnen, künftig Art, Dauer und Umfang derselben konkret festlegen. Weiterhin muss das Abhören sofort abgebrochen werden, wenn die Tatverdächtigen sich mit engen Verwandten unterhalten, sowie bei Gesprächen mit Ärzten, Seelsorgern, Abgeordneten, Strafverteidiger und Journalisten, falls es keine Hinweise auf konkrete Tatbeteiligungen gebe. Außerdem dürfe eine Wohnraumüberwachung nur bei schwerwiegenden Straftaten angeordnet werden, deren Höchststrafe mehr als fünf Jahre beträgt. Somit fielen rund 30 Straftaten aus dem Katalog, u.a. auch Betrug und Hehlerei. Die akustische Wohraumüberwachung per se wurde jedoch nicht als Verstoß gegen das Grundgesetz gesehen, obwohl zwei Verfassungsrichter dies genau so sahen.

Im seit dem 24. Juni vorliegenden Referentenentwurf werden jedoch einige der Forderungen des Urteils übergangen. So sollen in Zukunft neben Verwandten nur noch Geistliche und Strafverteidiger einen besonderen Vertrauensstatus haben. Außerdem sollen für einige Straftaten die Höchststrafen erhöht werden, um bei diesen Straftaten weiterhin einen Großen Lauschangriff anordnen zu können.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte und das Unabängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) kritisierten die Vorlage. Sie halte sich nur an den Buchstaben des Urteils des BVerfG, setze jedoch dessen Geist nicht um. Zu den Kritikern gehören auch der Deutsche Anwaltsverein, dessen Vorsitzender Georg Prasser von einer „Perversion“ des Urteils spricht, und der ehemalige Bundesinnenminster Gerhart Baum (FDP), der eine erneute Klage vor dem BVerfG nicht ausschloss.

Kritik kommt allerdings von der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die in dem Vorschlag eine nicht-praktikable Lösung sieht. So folge sich der Entwurf „sklavisch den Vorgaben“ des Gerichts. Es wird noch jede Menge Diskussionen über den Entwurf geben.

 Autor: Thomas Mayer
 Veröffentlichung: 10. Juli 2004
 Kategorie: Nachricht
 Tags:

Schreibe einen Kommentar