Am gestrigen verurteilte das Amtsgericht Stuttgart den Netzkünstler und -aktivisten Alvar Freude wegen Volksverhetzung und Beihilfe zur Verbreitung von Nazi-Propaganda. Das Gericht verhängte eine Strafe von 120 Tagessätzen. Die Richterin Ursula Mahringer folgte damit den Empfehlungen der Staatsanwaltschaft.
Alvar Freude engagiert sich gegen Sperrungsverfügungen in Nordrhein-Westfalen, die sich gegen rechtsradikale Internetseiten richten. Er dokumentiert die Maßnahmen der Bezirksregierung Düsseldorf, organisiert Unterschriftenaktionen gegen diese vermeintliche Zensur und versucht mit der Satire Freedom Fone auf die Problematik aufmerksam zu machen. In diesem Zusammenhang listet er die von der Bezirksregierung gesperrten oder zur Sperrung vorgesehenen Internetseiten auf. Die Staatsanwaltschaft warf Freude nun vor, durch diese Hyperlinks und durch Freedon Fone vorsätzlich Beihilfe zur Verbreitung nationalsozialistischer Propagandamittel geleistet zu haben.
Dieser satirische Protest sorgte schließlich für die Strafanzeige. Das Verfahren wurde vor gut einem Jahr durch ein Schreiben der Bezirksregierung Düsseldorf an die Stuttgarter Staatsanwaltschaft eingeleitet. Der Vorwurf: Freude helfe mit den Hyperlinks bei der Zugänglichmachung verfassungsfeindlichen Materials. Alvar Freude betonte indes, daß seine Dokumentation auf odem.org von der Mitte der Gesellschaft getragen werde. Auch sei Freedom Fone eindeutig als Satire erkennbar und schließlich gehe es ihm in seinem Bemühen nicht speziell um Sperrung rechtsradikaler Seiten, sondern um die Freiheit, sich aus allen Quellen informieren zu können.
Dies sah das Gericht anders. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Stuttgart ist allein schon durch die Verlinkung der Tatbestand der vorsätzlichen Beihilfe zur Verbreitung nationalsozialistischer Propaganda erfüllt. Für Freude ist dieser Schluß unerständlich. Für ihn stellen sich zwei grundsätzliche Fragen: „Verbreiten Hyperlinks fremde Inhalte oder sind sie eher eine Art neutraler Literaturhinweis? Und: Falls Links einer Verbreitung gleich kommen sollten, dürfen sie dann im Kontext eines Berichtes über das Zeitgeschehen oder in einer Satire stehen?“
Freudes Rechtsanwalt Thomas Stadler kündigte unmittelbar nach der Urteilsverkündung mit, Rechtsmittel einzulegen. Damit geht die Frage nach der Strafbarkeit von Hyperlinks nun an das Landgericht oder Oberlandesgericht Stuttgart.