Gesundheitskarte datenschutzkrank?

Die Nachrichten und Meldungen zur Gesundheitskarte haben sich wegen der CeBIT in den letzten Tagen geradezu überschlagen. Erste geplante Anwendungen für die Karte sind das elektronische Rezept und die Prüfung der Zahlungspflicht bzw. des Zuzahlungsstatus. Während diese Applikationen nur für die Krankenkassen von Nutzen sind, erhoffen sich Ärzte und Patienten die Möglichkeit der medizinischen Dokumentation auf der Gesundheitskarte.

Die genauen Kosten der neuen Karte sind noch nicht bekannt. Für die Ärzte steht jedoch bereits fest, daß sie ungefähr 25 Prozent der Investitionen und 60 Prozent der Betriebskosten der medizinischen Telematik übernehmen werden. Es folgt ein Überblick der Ereignisse der letzten Tage:

07.03.05

Die Gesellschaft für Informatik (GI) warnt vor datenschutzrechtliche Risiken der Gesundheitskarte. Der GI-Präsident Professor Matthias Jarke kritisiert insbesondere das Vorhaben, vertrauliche Patientenakten zentral zu speichern. Begründet wird diese Variante mit dem fehlenden Speicherplatz auf der Chipkarte.

Es geht also um die Frage, wer die Hoheit über die Patientendaten besitzen soll. Das ist sicherlich ein Kernpunkt der datenschutzrechtlichen Debatte. Denn ohne Frage macht es einen großen Unterschied, ob der Patient selbst entscheidet, wem er die Karte (und somit die Daten) zu welchem Zweck aushändigt oder ob Ärzte und Behörden auch ohne sein Einverständnis oder gar ohne sein Wissen auf Gesundheitsdaten zugreifen.

09.03.05

Die Bundesregierung beschließt auf einer Kabinettssitzung die neue eCard-Strategie. So soll die Gesundheitskarte der Einstieg in ein universelle Identifikationsnummer (UID) werden. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement gibt sich euphorisch: „Elektronische Chipkarten sind die Ausweise und Füllfederhalter des 21. Jahrhunderts.“ So könnten mit der elektronischen Gesundheitskarte gleichzeitig der digitale Personalausweis und eine Signaturkarte für das eGovernment realisiert werden.

Ähnliche Bestrebungen gibt es bereits in Österreich. Die österreichische Gesundheitskarte (e-card) durchläuft zur Zeit einen Feldtest im Burgenland und soll mit einem Jahr Verzögerung ab Mitte landesweit eingeführt werden. Auch sie ist dann im Sinne einer Signaturkarte für das eGovernment bürgerkartentauglich.

Hauptkritikpunkt der Datenschützer ist der geringe Nutzen dieser Signatur- oder Bürgerkarte: Eine Untersuchung der ARGE Daten besagt, dass im Schnitt ca. Fünf Prozent aller Behördenkontakte in Österreich bürgerkartenfähig sind, das wäre rund ein Anwendungsfall pro Bürger aller zweieinhalb Jahre.

14.03.05

Die Fraunhofer-Institute haben ihren Vorschlag für die technische Umsetzung der Gesundheitskarte gestern an eine begeisterte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt übergeben: „Wir werden mit der Karte etwas nach vorne bringen, von dem andere Länder noch etwas lernen können.“

Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar reagierte prompt. Es sei ihm „besonders wichtig, nochmals auf die gesetzlichen Regelungen aufmerksam zu machen, die eine weitestgehend freiwillige Nutzung der Anwendungen vorsehen. Bereits jetzt erreichen mich eine Vielzahl von Eingaben, in denen Versicherte mir ihre Sorgen über den Schutz der Gesundheitsdaten bei der Verwendung der Gesundheitskarte mitteilen.“ Schaar fordert zudem eine technikoffene Probephase der Gesundheitskarte.

15.03.05

Heise Online meldet: „Konzeptstudie von Vodafone nutzt Handy als Gesundheitskarte.“ Diese Methode würde derzeit in einem Feldversuch am niederländischen Klinikum in Maastricht erforscht. Vodafone ist dort Projektpartner und stellt das Konzept auf der CeBIT vor.

Besonderheit ist die für Notfälle vorgesehene RFID-Technologie. So sollen Rettungsdienste etwa bei Unfällen die wichtigsten Daten per RFID auslesen können, während alle weiteren Informationen gesperrt bleiben. Die RFID-Technologie ist wegen ihrer Anfälligkeit für Mißbrauch heiß umstritten. Es ist nicht auszuschließen, daß Unbefugte Zugang zu medizinischen Informationen der Patienten erlangen.

 Autor: Peter Ulber
 Veröffentlichung: 15. März 2005
 Kategorie: Nachricht
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