Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Alfred Hartenbach (SPD), kritisiert die Forderungen seines Parteikollegen Otto Schily. Der Bundesinnenminister hatte sich auf der diesjährigen CeBIT für eine einjährige Speicherung der Verbindungsdaten ausgesprochen.
Zum Auftakt des wissenschaftlichen Kolloquiums „Can Knowledge be made just?“ am kulturwissenschaftlichen Institut Essen äußerte Hartenbach Bedenken gegen die Vorratsdatenspeicherung. Sie sei zwar „ein wichtiges und wertvolles Instrument für die Strafverfolgung“ stelle aber gleichzeitig „einen erheblichen Grundrechtseingriff“ für die Bürger dar.
Hartenbach wies darauf hin, daß die Pläne für eine 12-Monatsfrist zur Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten auf Gespräche zwischen Spanien, Frankreich und Deutschland nach den Terroranschlägen vom 11. März 2004 in Madrid zurückgehen. Entgegen bisheriger Verlautbarung der Presse sei der Inhalt der entsprechenden europäischen Richtlinie aber noch nicht festgelegt.
Im Rat der europäischen Innen- und Justizminister werde weiter verhandelt. Ursprünglich war von einer dreijährigen Speichfrist die Rede gewesen. Derzeit spricht man nur noch von zwölf Monaten. Gleichzeitig sollen aber die Überwachung auf weitere Daten ausgedehnt werden: IP-Adressen, Login- und Standortdaten.
Indes lösten die vermeintlich getroffenen Vereinbarungen zwischen der Bundesjustizminister Brigitte Zypries und Otto Schily mit der Deutschen Telekom den Arcor und 1&1 Empörung im Branchenverband und in der Politik aus. Angeblich sollen die genannten Firmen bei der einjährigen Speicherfrist eingelenkt haben.
„Es kann nicht sein, dass wir zig Millionen Deutsche ein Jahr unter einen Generalverdacht stellen und unbescholtene Bürger wie Kriminelle behandeln“, kritisiert der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP). Andere Einwände hat Jan Mönikes, Geschäftsführer der Initiative Europäischer Netzbetreiber: „Die geplante Ausweitung der Überwachungsverpflichtungen stellen für die Wirtschaft untragbare Mehrbelastungen dar.“
Schily und Zypries erhalten hingegen Rückendeckung von der eigenen Partei und der CDU/CSU. So befürwortet der Innenminister von Niedersachsen, Uwe Schünemann (CDU) die einjährige Speicherfrist ausdrücklich. Der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens (SPD) begrüßte ebenfalls die Pläne zur längeren Datenspeicherung. Seiner Meinung nach stelle dies keinen tieferen Eingriff in die Grundrecht dar.
Das sehen die Datenschützer natürlich anders. Sie halten das Vorhaben für verfassungswidrig. Dr. Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein verweist auf die Ergebnisse der Datenschutzkonferenz vom 10./11. März 2005 in Kiel: „Die europäische Richtlinie und das geplante Gesetze verstoßen nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern auch gegen die Europäische Grundrechte-Charta, noch bevor diese in Kraft getreten ist.“
Desweiteren würden die postiven Wirkungen für die Strafverfolgung überschätzt: „Der Beitrag dieser Überwachung zur Aufklärung von Straftaten dürfte minimal sein, da international organisierte Verbrecher und Terroristen Möglichkeiten haben, die Zurückverfolgung von Verkehrsdaten mit technischen Mitteln zu umgehen.“