Seit Mai 2000 testet die hessische Justiz die elektronische Fußfessel, auch elektronisch überwachter Hausarrest oder neudeutsch Electronic Monitoring genannt, im Rahmen eines Pilotprojektes zur Kontrolle von Bewährungsauflagen. Bis Januar 2005 nahmen insgesamt 175 Personen an der Studie teil. Dabei fallen bei den im Januar teilnehmenden 18 Probanden monatliche Kosten von jeweils 60 Euro an. Die Erfolgsquote liegt bei über 90 Prozent, wobei nur ca. die Hälfte aller potentiellen Teilnehmer nach eingehender Prüfung zugelassen wird.
Die dazu am 10. März diesen Jahres veröffentlichten Pressemitteilung des hessischen Justizministeriums hat bei Politikern aller Fraktionen sowie bei Bürgerrechtlern und Datenschützern zu heftigen Reaktionen geführt. In dem Papier lobt Wagner auf die Erfolge des Pilotprojektes und verweist auf weitere Anwendungsmöglickeiten der Fußfessel:
„Hessen hat neue Wege beschritten, um die Sicherheit der Bevölkerung und die Resozialisierung von Straftätern zu verbessern. Die elektronische Fußfessel hat sich in den fast fünf Jahren ihres Einsatzes gut bewährt.
Mit Hilfe der Technik wird dem Verurteilten jeden Tag wieder neu klar gemacht, dass er sich an bestimmte Vorgaben zu halten hat. Bei einem Verstoß riskiert er den Bewährungswiderruf und muss die verhängte Strafe verbüßen. Die elektronische Fußfessel setzt bei den Straftätern Motivationen und Kräfte frei, die mit herkömmlichen Mitteln der Bewährungshilfe nicht erreicht werden können. Die Fußfesselträger werden zu einer für ihre Verhältnisse hohen Selbstdisziplin und zur Erfüllung des ihnen vorgegebenen Wochenplans angehalten.
Die elektronische Fußfessel bietet damit auch Langzeitarbeitslosen und therapierten Suchtkranken die Chance, zu einem geregelten Tagesablauf zurückzukehren und in ein Arbeitsverhältnis vermittelt zu werden. Viele Probanden haben es verlernt, nach der Uhr zu leben, und gefährden damit gerade auch ihren Arbeitsplatz oder ihre Ausbildungsstelle. Durch die Überwachung mit der elektronischen Fußfessel kann eine wichtige Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden.“
Der umstrittene Satz (fett) wurde nach ersten Protesten von Bürgerrechtlern, insbesondere des Leipziger Aktionsbündnis „Soziale Gerechtigkeit – Stoppt den Sozialabbau“ korrigiert:
„Die elektronische Fußfessel bietet damit auch zu einer Bewährungsstrafe verurteilten Langzeitarbeitslosen und therapierten Suchtkranken die Chance, zu einem geregelten Tagesablauf zurückzukehren und in ein Arbeitsverhältnis vermittelt zu werden.“
Mit dieser neuen Version der Pressemitteilung ging Wagner nun in die Offensive: „Die Idee, die elektronische Fußfessel für Langzeitarbeitslose zu fordern, ist absurd.“ Ein entsprechende Auslegung seiner Pressemitteilung sei eine „grobe Verfälschung“, so der Justizminister.
Dieses Ausweichmanöver ist in Frage zu stellen, bedenkt man die gegenwärtige Verfahrensweise des elektronisch überwachten Hausarrest (EM). Im Rahmen des hessischen Pilotprojektes wird EM eben zur Kontrolle von Bewährungsauflagen eingesetzt. Das heißt, bereits jetzt wird EM bei Bewährungsstrafen angewendet, unabhängig davon, ob der Betroffene langzeitarbeitslos ist und suchtkrank war.
Das Wörtchen ‚auch‘ in der Pressemitteilung deutet aber auf eine Ausweitung von EM auf andere Personengruppen hin. Vielmehr wollte Wagner aber laut des Pressesprechers des Justizministeriums, Stefan Fuhrmann, lediglich betonen, daß sich der Einsatz von EM insbesondere bei verurteilten Langzeitarbeitslosen bzw. therapierten Suchtkranken empfiehlt.
- HR Online: „Elektronische Fußfessel – Wagner sorgt für Verwirrung“
- HR Online: „Aufregung um Minister-Zitat. Arbeitslose bleiben in Freiheit“
- Rabenhorst: „GPS Überwachung für alle“
- Der Große Bruder: „Electronic Monitoring“
- Telepolis: „An der elektronischen Leine“
- Projektseite des hessischen Justizministerium zur Fußfessel