Wer als Empfänger des Arbeitslosengelds II einen neue Arbeit bekommen möchte, muß bei Bundesagentur für Arbeit (BA) künftig die Hosen runterlassen. Arbeitssuchende müssen ihrem Fallmanager intimste Details verraten.
Der Fallmanager der BA soll laut dem zweiten Sozialgesetzbuch (SGBII) als persönlicher Ansprechpartner die „erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei der Wiedereingliederung in Arbeit unterstützen.“
Idealerweise soll der Fallmanager die Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt koordinieren und notfalls auch mit Sanktionen drohen. Um seiner Aufgabe gerecht zu werden, benötigt er aber umfassende Informationen von seinem Klienten, die nach den Plänen der BA tief in die Privatssphäre des Arbeitslosen eindringen sollen.
Dem Entwurf zufolge, welcher der Bild am Sonntag vorliegt, werden Fallmanager in den Arbeitsagenturen „alle Daten des sozialen Geflechts“ von Arbeitslosen erfragen, zum Beispiel: Familienkonstellation, Freundschaften, Nachbarschaftskontakte, Vereinszugehörigkeit und Wohnsituation.
Weiterhin ist eine „Bewertung der Beziehungsstärke“ zu den genannten Personen geplant. Neben diesen persönlichen Einzelheiten werden auch Gesundheitsdaten wie „gesundheitlicher Zustand, regelmäßige Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte“ erhoben.
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz (BfD), Peter Schaar, hat die BA laut Bild am Sonntag um Aufklärung gebeten. Die Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD) hält diese Zwangsbefragung der ALGII-Empfänger für kaum vertretbar:
„Natürlich sind bestimmte Auskünfte für den Fallmanager wichtig, damit er sich ein Bild über den Arbeitslosen machen kann. Es hört aber auf, wenn dabei auch Daten über Freundschaften und Krankenhausaufenthalte abgefragt werden. Ich befürchte, dass sich diese erhobenen Daten bei der Beschaffung einer neuen Stelle sogar nachteilig für die Arbeitslosen auswirken können.“
Auch der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Max Stadler, reagiert empört: „Unglaublich! Die Arbeitsagenturen sollten sich endlich um die Vermittlung der Arbeitslosen kümmern, statt sie zum Intim-Verhör zu bestellen.“
Das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWI) kann in der Befragung kein Problem erkennen und warnt vor einer Skandalisierung des Verfahrens. „Es geht darum, individuell herauszufinden, was die Gründe für die lang andauernde Arbeitslosigkeit sind“, sagte ein Sprecher des BMWI am Sonntag in Berlin. „Dies ist wichtig, um im Einzelfall die richtigen Maßnahmen und Betreuungskonzepte für die Langzeitarbeitslosen zu entwickeln.“ Dies entspreche dem Reformkonzept „Fördern und Fordern“.
Für den Arbeitsuchenden und Empfänger des Arbeitlosengeldes II ist der Besuch beim Fallmanager auf jeden Fall verpflichtend. Wer nicht erscheint, erfährt sofort eine Kürzung von 30 Prozent seiner Bezüge.