Die dünne Haut des Otto Schily (II)

Sehr geehrter Herr Schily (noch Bundesminister des Inneren),

Wie Sie vielleicht bemerkt haben, erfüllt jemand bei Ihnen seine Aufgabe: Der Bundesbeauftragte für Datenschutz (BfD) Peter Schaar. Er tut das, wofür er zuständig ist – er mahnt datenschutzrechliche Probleme an. Dass er dabei auch Ihre Politik kritisiert, ist zwangsläufig der Fall. Es ist kein Amtsmißbrauch, dies auch öffentlich zu tun.

Er kritisiert die von Ihnen vorangetriebene schnelle Einführen von Reisepässen mit biometrischen Daten, weil sie nicht von Datenschützern geprüft wurde. Auch entfällt der eigentliche Grund für die Aufnahme weiterer biometrischer Daten, weil die USA diese Forderung für die Einreise verlängert haben, sie könnten sich also noch ein Jahr Zeit lassen, um ein neues, besseres Konzept vorzulegen.

Seien Sie froh, dass jemand bestimmte Vorgehensweisen kritisiert: Es ist ein Zeichen von Demokratie, wenn Bedenken öffentlich geäußert werden dürfen. Sie möchten doch nicht mit George W. Bush verglichen werden, der meinte: „In einer Diktatur geht Vieles leichter – zumindest solange ich der Diktator bin“?

Vielleicht ist es auch so, dass die Gerüchte über Sie wahr sind, dass Sie sich nämlich allen überlegen fühlen und keine Kritik dulden. Falls es aber gekränkte Eitelkeit sein sollte, Herr Schily, so rufe ich Ihnen mit Oscar Wilde zu: „Es gibt nur eine Unannehmlichkeit, die peinlicher ist, als in aller Munde zu sein: nicht in aller Munde zu sein.“

 Autor: Thomas Mayer
 Veröffentlichung: 22. Juni 2005
 Kategorie: Kommentar
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