Schutz vor Terroranschlägen

Vergangene Woche wurden durch Terroranschläge in London 50 Menschen getötet. Man kann jetzt darüber diskutieren, ob der Tod von 50 Leuten durch Terror schlimm ist, wenn man die Zahlen mit den Unfalltoten im Straßenverkehr oder die durch unfaire Verteilung der Wirtschaftsmacht Sterbenden vergleicht, aber es ist zynisch, Todesopfer gegeneinander aufzurechnen, weshalb hier anders diskutiert werden soll

Natürlich wird zunächst der Ruf nach mehr Sicherheit laut. Doch was bedeutet „Sicherheit“ im Fall von Terror? Gibt es eine Möglichkeit Terroranschläge zu verhindern? Wohl eher nicht. Selbst ein Land wie Großbritannien, das durch den Terror der IRA in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts katalysierte strenge Überwachung in seinem Staatsgebiet hat, konnte die Anschläge nicht verhindern.

Überwachung ist nur ein Placebo, das Sicherheit suggerieren soll, jedoch nicht wirklich nützt. Sicherlich können durch eine weitere Verschärfung von Überwachung einige möglicherweise gefährliche Personen „entschärft“ werden, jedoch nur zum Preis einer Einengung der Freiheitsrechte, die den Effekt nicht wert sind.

Staatliche Sicherheitsbehörden können nicht jeden Schritt jedes einzelnen Bürgers überwachen, das widerspricht dem Grundsatz von Freiheit, der im Grundgesetz und in der Verfassung jeder Demokratie, die diesen Namen verdient, verankert ist. Durch den jetzt wieder diskutierten Vorschlag, Telekommunikationsverbindungsdaten fünf Jahre lang zu speichern, sind wir auf den besten Weg dazu. Und abgesehen von den dadurch abzugebenden Freiheitsrechten – ich empfehle die Lektüre von Grundgesetz Artikel 10 – steigen die Kosten ins unermessliche. Die Datenmengen müssten sicher gespeichert werden und es muss die Möglichkeit geschaffen werden, diese auch auszuwerten. Ein riesiger Apparat sowohl bei den Dienstleistern als auch bei den zuständigen Behörden müsste geschaffen werden.

Es ist ja nicht so, dass Terrororganisationen wie das lose Netzwerk al-Qaida sich nicht anpassen könnten. Schon werden Vermutungen ausgesprochen, dass weiße Söldner oder andere Kriminelle angeheuert wurden, um die Anschläge auszuführen. Das typische Bild eines jungen muslimischen Mannes als Täter würde in diesem Fall also zu überhaupt keinem Ergebnis führen. Söldner sind meist ehemalige Berufsoldaten, die ehrenhaft aus Armeen westlicher Staaten ausgeschieden sind. Müssen also sämtliche britische Soldaten, die in den letzten 10 Jahren in Ausland eingesetzt wurden, überprüft werden? Der Aufschrei in der Öffentlichkeit wäre groß, schließlich kämpften sie ja für die gute Sache im Kosovo (im Irak, in Afghanistan, in Bosnien).

Was ist also die Alternative, wenn man Terroranschläge nicht verhindern kann? Man kann für den Fall von Anschlägen ein gutes Krisenmanagement ausarbeiten, das dezidiert Zuständigkeiten vorgibt. Man kann die Kommunikationswege krisensicher gestalten, damit sie auch im diesem Fall genützt werden können. Bei den Terroranschlägen in New York am 11.09.2001 funktionierte dies eben nicht, weil die Kommunikation zwischen Polizei und Feuerwehr gestört war, in Madrid am 11.03.2004 konnten sich Rettungsdienste und Polizei über digitalen Funk austauschen, das Netz hielt den Belastungen stand. Dadurch konnten die Anschläge zwar nicht verhindert werden, allerdings konnten die Rettungsmaßnahmen koordiniert und somit Menschenleben gerettet werden. Der Bundesrat hat übrigens vorige Woche die Pläne des Bundesinnenministeriums zur Einführung eines digitalen Behördenfunks abgelehnt.

 Autor: Thomas Mayer
 Veröffentlichung: 11. Juli 2005
 Kategorie: Kommentar
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