Gesundheitskarte – ein finanzielles Desaster

Die erforderlichen Gesamtkosten (Investition und Betrieb über 5 Jahre) für den Aufbau der Infrastruktur belaufen sich auf ca. 2.8 Milliarden Euro. Zusätzlich fallen ca. 585 Millionen Euro für die Erstausgabe der Chipkarten an.

Die größten Kostentreiber sind dabei mit einem Anteil von über 75% das Primärsystem, die Chipkarte selbst und die ca. 200.000 Lesegeräte in Arztpraxen und Apotheken. Der Löwenanteil davon wiederum entfällt auf das Primärsystem und hier insbesondere auf die Lizenzkosten für die ca. 800.000 eKG-Arbeitsplätze in Praxen, Krankenhäusern und Apotheken.

Die Chipkarte selbst schlägt mit 650 Mio. Euro zu Buche. Eingerechnet sind neben den Kosten für Ersatzkarten und Benutzer-Hotline auch der ca. 345 Mio. teure Austausch der Karten nach 4 Jahren Nutzung (Einführung 2008/09, Austausch 2011). Dies wird aufgrund des relativ kleinen kryptographischen Schlüssels von 2048 Bit notwendig. 2011 soll dieser dann durch einen längeren und entsprechend haltbareren Schlüssel ersetzt werden.

Die Kosten für die 200.000 Lesegeräte umfassen Bereitstellung und Wartung, was ca. 400 Mio Euro an Kosten verursacht. Hauptproblem der KNA sind die in großen Teilen noch nicht verfügbaren, genauen Spezifikationen der beteiligten Hersteller. Gerade die neben der 5-Jahresanalyse vorgelegte 10-Jahres-Prognose ist demnach eine eher gröbere Schätzung.

„[..] da der vorliegende Spezifikationsgrad der seitens des Auftraggebers freigegebenen Vorarbeiten (Prozessbeschreibungen, Konzepte, Architekturen, etc.) nicht den notwendigen Detailgrad aufweist, der für die Durchführung der KNA mit einer vergleichbaren Genauigkeit über alle Anwendungen und Infrastruktur-Komponenten erforderlich gewesen wäre.“

Die Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) von Booz Allen Hamilton wurde im Auftrag der Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH (Gematik) erstellt. Erst gestern hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel über den Stand der eKG informiert und verlauten lassen:

„Mit der erfolgreichen Umsetzung des größten IT-Projektes im Gesundheitswesen werden für die deutschen Unternehmen im internationalen Wettbewerb Perspektiven geschaffen, die aktiv dazu beitragen, Arbeitsplätze zu sichern und auszubauen. Dies trägt auch zu einer weiteren Stabilisierung der Beitragseinnahmen für die gesetzlichen Krankenkassen und damit des Gesundheitswesens insgesamt bei.“

Trotz des Kontrastes dieser Aussage zu den insgesamt veranschlagten Kosten von bis zu sieben Milliarden Euro, geht das System der Gesundheitskarte (eKG) ab Dezember diesen Jahres in bestimmten Modellregionen in den Testbetrieb. Über 10.000 Patienten sollen an diesem Feldversuch beteiligt sein.

 Autor: Peter Ulber
 Veröffentlichung: 24. November 2006
 Kategorie: Nachricht
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