Kreditkartendaten: Rasterfahndung oder nicht?

Im Rahmen der Ermittlungen gegen Nutzer einer Website hat die Staatsanwaltschaft Halle und das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen-Anhalt Kreditkartenunternehmen gebeten, ihre Daten nach bestimmten Geldtransaktionen zu durchsuchen. Es ging um die Überweisung einer definierten Geldsumme auf ein bestimmtes Konto im Ausland. Dadurch sollten die Kunden überführt werden.

Nach $98b der Strafprozessordnung (StPO) muss eine Rasterfahndung durch einen Richter angeordnet werden, was in diesem Fall nicht geschehen ist. Fraglich ist nun, ob eine Rasterfahndung nur dann gegeben ist, wenn die Staatsanwaltschaft selbst die Daten durchsucht, in diesem Fall also, wenn die Fahnder die Transaktionsdaten aller Kreditkarten (in Deutschland: 22 Mio.) nach dem Merkmal ausgewertet hätten, oder ob bereits die Überprüfung der Daten durch die Unternehmen selbst eine Rasterfahndung darstellt. In diesem Fall wäre das Vorgehen widerrechtlich erfolgt.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz in Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, hält dieses Vorgehen für rechtmäßig, da zum einen das Merkmal, nach dem gesucht wurde, selektiv genug war, um Falschverdächtigungen nahezu auszuschließen, zum anderen aber die Strafverfolger keinen Zugriff auf die Daten anderer Kunden der Kreditkartenunternehmen erhalten hätten. Er kritisiert jedoch andere Formen der Zugriffsmöglichkeiten von Polizei und Staatsanwaltschaften auf Bankdaten, wie die Aufforderung der Polizei an Banken, bestimmte Verhaltensweisen als Geldwäscheverdacht an sie weiterzuleiten.

Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) kritisiert das Vorgehen als „Outsourcing“ der Rasterfahndung und werde die juristischen Folgen dieser Maßnahme genau überprüfen. Der düsseldorfer Rechtsanwalt Udo Vetter hat beim zuständigen Amtsgericht Halle eine Feststellungsklage eingereicht, mit deren Hilfe er erreichen will, dass das Vorgehen der Ermittler als rechtswidrig behandelt werden soll.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verteidigte die Durchsuchung. Deren Vorsitzender Konrad Freiberg warnte davor, dass eine anderweitige Beurteilung durch das Amtgericht Halle „ein großer Sieg für die Kinderporno-Mafia“ darstellen würde.

 Autor: Thomas Mayer
 Veröffentlichung: 12. Januar 2007
 Kategorie: Nachricht
 Tags:

Schreibe einen Kommentar