Ein Gesetz voller Testballons?

bka-wiesbadenDer Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des BKA-Gesetzes wurde in den vergangenen Tagen meist unter dem Aspekt der enthaltenen Online-Durchsuchung gesehen. Bereits diese hat jedoch bereits Streitpotential mit sich gebracht.

Darf das Bundeskriminalamt zur Installation der Software die Wohnung des Terrorverdächtigen betreten, oder muss die Installation aus der Ferne respektive per „modernster Informationstechnik-Technik wie Emails [die seit den 1970er Jahren existiert, der Autor]“ (Unions-Fraktionsvize Bosbach) erfolgen? Der bayerische Innenminister Herrmann argumentiert, dass der Gesetzentwurf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht komplett ausschöpft, während Bundesjustizministerin Zypries die Unverletzlichkeit der Wohnung preist.

Leider scheint Frau Zypries den Gesetzentwurf wohl nicht wirklich gelesen zu haben: Oder gehört zur Unverletzlichkeit der Wohnung auch die Möglichkeit, eine verdeckte optische Überwachung, vulgo: Überwachungskameras, in Wohnungen zu installieren?

Zwei Tage nach Veröffentlichung des Gesetzentwurfs regen sich gegen diesen Punkt die ersten Widersprüche, auch aus den Reihen der Regierungskoalition. Diente die Online-Durchsuchung im Gesetz nur als Bauernopfer, um sie vielleicht in der Diskussion wieder fallen lassen zu können und das Filmen in Wohnungen behalten zu können? Oder ist es umgekehrt?

Oder dienen beide Maßnahmen nur als Opfer für die Quellentelekommunikationsüberwachung? Darunter versteht man die Überwachung von Kommunikation direkt an der Quelle und nicht an Vermittlungsstellen, z. B. wenn Emails oder VOIP verschlüsselt werden.

Natürlich soll das BKA die Maßnahmen nur zur Abwehr von Terrorgefahren durchführen können. Aber die Erfahrung lehrt: Einmal eingeführte Fahndungsmöglichkeiten werden auf weitere Straftatbestände ausgedehnt, und auch die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ist ein dehnbarer Begriff bzw. Verdacht, wie der Fall Andrej H. zeigt. Wer weiß, vielleicht dient dieser Text dazu, mir in 10 Jahren eine Kamera in die Wohnung einbauen zu lassen.

 Autor: Thomas Mayer
 Veröffentlichung: 19. April 2008
 Kategorie: Kommentar
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