Totalüberwachung im Fußballstadion

Wie die Rhein-Zeitung vergangene Woche berichtete, haben schon eine Reihe von Fußballvereinen ihre Stadien mit Sicherheitstechnik der Regensburger Firma Dallmeier electronic ausgestattet. Aus dem Zeitungsbericht geht außerdem hervor, dass bereits Täter durch aufgezeichnete Aufnahmen überführt wurden, d.h. die Daten werden also nicht nur in Echtzeit überwacht, sondern auch noch gespeichert.

Durch die zusammengeschalteten Kameras des Systems Panomera (dort findet sich auch ein Werbevideo) werden detaillierte Aufnahmen einer vollständigen Fankurve möglich, nach Aussage der Firma könne man aus 100m Entfernung ein Passbild einer Person anfertigen.

Andere System befinden sich aktuell auch im Test: Zum einen testet zur Zeit das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) die Software Vigilant Eye. Damit soll auffälliges Verhalten bereits im Vorfeld automatisch erkannt werden können. Damit können datenschutzrechtliche Probleme einer dauerhaften Speicherung aller Filmaufnahmen aus dem Stadion umgangen werden und Bilder nur gespeichert werden, wenn das System „unerwünschte Verhaltensmuster“ erkennt.

Dazu ergänzend fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung Multi-Biometriebasierte Forensische Personensuche in Lichtbild- und Videomessdaten (MisPel). Dabei sollen automatisiert in Videodaten „ermittlungstechnisch relevante Personen“ erkannt werden. Dies könne auch in Stadien zum Einsatz kommen, um Fans zu identifizieren, die mit einem Stadionverbot belegt sind.

Problematisch an letztem Punkt ist insbesondere, dass Stadionverbote auf undurchsichtige Weise erteilt werden. Nach Aussage von Anwälten sind bis zu zwei Drittel der ausgesprochenen Verbote fälschlicherweise erteilt worden, rechtlich dagegen vorzugehen ist nahezu unmöglich und sehr langwierig.

Viele Fans – insbesondere die Ultras – sehen sich seit längerem ungerechtfertigt unter Pauschalverdacht gestellt. Der angebliche Anstieg von Straftaten und Verletzten im Umfeld von Fußballspielen entstand durch statistische Tricks. Sie fühlen sich unter Generalverdacht gestellt und beim sogenannten Sicherheitsdialog ausgegrenzt. Ob durch diese Maßnahmen eine Entspannung zwischen Sicherheitsbehörden und Fußballvereinen auf der einen und sich gegängelt fühlenden Fans auf der anderen Seite befördert wird, darf bezweifelt werden.

Zudem hat sich das Bild von Pyrotechnik in Stadien gewandelt: Galt noch Mitte der 1990er Jahre das Abbrennen von Feuerwerkstechnik als Zeichen guter Stimmung, so wurde vergangenes Jahr bereits friedlich feiernde Fans als Hooligans verunglimpft. Dabei sagen sogar Vertreter der Deutschen Fußball-Liga (DFL), dass es in deutschen Fußballstadien sicher ist – auch ohne Totalüberwachung.

Transparenz-Hinweis: Der Autor ist nicht unbefangen, sondern ein glühender Anhänger des FC Bayern München. An Pyrotechnik stört ihn der Gestank, der sich in der Fankurve ausbreitet.

 Kommentare

    • „Wenn es aber der Sicherheit dient, finde ich diesen Schritt gerechtfertigt.“

      Das ist genau das Problem: Ich bin nicht bereit, für ein bisschen mehr an Sicherheit sehr viel meiner Freiheit aufzugeben.

      Um einmal advocatus diaboli zu spielen: Bei über 3000 Toten im Straßenverkehr pro Jahr könnte man doch für die Geld, die die Terrorabwehr kostet (9 Tote durch rechtsradikalen Terrorismus in den letzten 10 Jahren), mehr Radarkontrollen / Blitzampeln / … installieren, um der wahren Gefahr für Leib und Leben zu begegnen. Wer nie zu schnell fährt, hat auch nichts zu befürchten. Und schlimm ist es auf keinen Fall.

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