EuGH-Urteil: „Recht auf Vergessen-werden“ bei Suchmaschinen

Eine kurze Zusammenfassung des Falls: Über einen Kläger stand vor 15 Jahren in der Zeitung, dass dessen Haus zwangsversteigert wurde. Nachdem er mit einer Klage gegen die Zeitung auf Löschung dieses Artikels online gescheitert war, klagte er gegen Google, dass bei der Suche nach seinem Namen dieser Artikel nicht mehr gefunden werden dürfe. Der Klage gegen Google wurde dann vom EuGH stattgegeben.

Welche Auswirkungen ergeben sich nun aus dem Urteil?

Besonders wichtig erscheint mir die Tatsache, dass nicht Inhalte im Internet gelöscht werden müssen – der Artikel auf der Website der Zeitung muss nicht gelöscht werden. Nur darf Google diesen Artikel nicht mehr als Treffer ausgeben, wenn nach dem Namen des Klägers gesucht wird.

Nach Meinung des Rechtsanwalt Thomas Stadlers und der Piratenpartei handelt es sich nicht um die Einrichtung einer Zensurinfrastruktur, die Netzsperren möglich macht. Es handelt sich nicht um ein Recht auf Vergessen-werden, sondern um ein Recht auf Sperren-lassen.

Nicht nur ich erwarte eine Flut von Sperranträgen, die auf Suchmaschinen einprasseln könnten. Diese Sperrungen können nur große Anbieter in einem vernünftigen Maß durchführen; kleine Suchmaschinen werden damit überfordert sein, da die Anträge wohl nicht in einem standardisierten, maschinenlesbaren Format eingereicht werden müssen. Sie werden wohl händisch umgesetzt werden müssen, was mit hohen Personalkosten verbunden ist.

Die Frage ist auch, ob z.B. die Suchfunktion auf Websites auch davon betroffen sein werden. Wenn ein Kläger es nicht erreicht, presserechtlich einen Artikel sperren zu lassen, kann dies eventuell dadurch erreicht werden, dass der Artikel dann nicht mehr im Archiv gefunden werden kann.

Doch was ist mit Suchmaschinen, die auf einem verteilten Index basieren, die also auf einer Peer-To-Peer-Technik basieren, und für die jeder Nutzer einen lokalen Index speichert und dieser dezentral abgeglichen wird? Eine solche Suchmaschine existiert meines Wissens nach noch nicht für das World Wide Web, aber Freenet war ein Schritt in diese Richtung.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Urteil öffnet einer Zensur von Suchmaschinen Tür und Tor, insbesondere weil die Inhalte selbst nicht aus dem Internet gelöscht werden müssen. Mit Datenschutz hat das nichts zu tun. Dass das Urteil von vielen Seiten begrüßt wurde, hängt wohl damit zusammen, dass Google der Beklagte war.

 Autor: Thomas Mayer
 Veröffentlichung: 18. Mai 2014
 Kategorie: Kommentar
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 Kommentare

  1. Das Urteil wird auch von Datenschützern völlig zu Unrecht gefeiert. Wenn man sich die Liste der bisherigen Löschanträge anschaut, sind das zu 90% Anträge der Kulturindustrie im Sinne des eigenen Copyrights. Da die Informationen zudem nicht gelöscht werden, riecht das nach Zensur unter dem Deckmantel des Datenschutzes. Das ist einfach nur widerwärtig.

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